Geld stinkt doch
Von Raphaël Schmeller
Die Reichen führen die Menschheit in die Klimahölle. So lässt sich der jüngste Oxfam-Bericht zusammenfassen, der am Montag veröffentlicht wurde. Demnach verursacht das reichste Prozent der Weltbevölkerung genauso viele Treibhausgase wie die fünf Milliarden Menschen, die die ärmeren zwei Drittel ausmachen. Damit trügen die Großkapitalisten die Hauptverantwortung für die Klimakrise, schreibt die NGO. Ihr Konsum bedrohe die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen.
Konkret verursachte das Konsumverhalten des reichsten Prozents im Jahr 2019 insgesamt 16 Prozent der globalen Emissionen – mehr als der gesamte Straßenverkehr weltweit ausstößt. Die Studie mit dem Titel »Climate Equality: A Planet for the 99 Percent« zeigt unter anderem, dass die Reichen und Superreichen mit ihren Emissionen zwischen 1990 und 2019 für klimabedingte Ernteausfälle verantwortlich sind, die der Maisernte der EU, der Weizenernte der USA, der Reisernte Bangladeschs und der Sojaernte Chinas zusammengenommen entsprechen. Die Folgen – wie Hungersnöte – bekommen vor allem die Armen im globalen Süden zu spüren.
Die Milliardäre in der BRD haben entscheidend zu dieser Katastrophe beigetragen. Dort war das reichste Prozent im Jahr 2019 für durchschnittlich 83,3 Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr verantwortlich – mehr als 15mal soviel wie jemand, der zur ärmeren Hälfte der Deutschen gehört.
»Extremen Reichtum von Einzelpersonen gibt es nicht ohne profitorientiertes Wirtschaften, und die Studie zeigt, wie dies in direktem Zusammenhang zur Ausbeutung von Mensch und Natur steht«, kommentierte Line Niedeggen, Sprecherin von Fridays for Future International, am Montag gegenüber jW.
Nur wenige Milliardäre sprächen sich gegen die offensichtliche wirtschaftliche Ungerechtigkeit und für Umverteilung aus, doch auf globalen Plattformen wie der UN-Weltklimakonferenz COP 28 präsentierten sich diese Personen und Konzerne als Vorreiter des Klimaschutzes, kritisierte Niedeggen. Und überhaupt: »Auf der COP 28, die nächste Woche in Dubai beginnt, wollen die Industriestaaten den ›grünen‹ Kapitalismus festschreiben, der schnelle Lösungen verspricht, aber Zerstörung und Ungerechtigkeit hinterlässt«, so die Klimaaktivistin.
Die am Montag veröffentlichte Oxfam-Studie basiert auf der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass die Treibhausgasemissionen der Menschen mit dem privaten Einkommen und Vermögen steigen. Gründe dafür sind unter anderem häufigere Flugreisen, größere Häuser und insgesamt mehr klimaschädlicher Konsum – etwa in Form von Luxusvillen, Megayachten und Privatjets. Grundlage sind Zahlen des Stockholm Environment Institute, die sich auf Daten des Global Carbon Atlas, der World Inequality Database, der Penn World Tables on Income (PWT) sowie auf Zahlen der Weltbank stützen.
Unter dem Strich, so Oxfam, werden die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen des reichsten Prozents der Weltbevölkerung im Jahr 2030 etwa 22mal höher sein als das, was gerade noch mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens vereinbar ist. Die NGO fordert daher, die globale Ungleichheit zu bekämpfen: »Um die Klimakrise zu bewältigen, müssen Regierungen auch die extreme Ungleichheit in der Welt überwinden, denn extremer Reichtum ist eine wesentliche Triebkraft für die Klimakrise«, bilanzierte Manuel Schmitt, Referent für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinz K. aus München (21. November 2023 um 11:19 Uhr)»… präsentierten sich diese Personen (d. h. die Milliardäre) und Konzerne als Vorreiter des Klimaschutzes …« Selbstverständlich tun sie das, schließlich lenken sie über sog. Stiftungen und angebliche »großzügige Millionenspenden« Milliarden von angeblich für den »Klimaschutz« bestimmten Steuergeldern der Staaten in die eigenen Taschen – der »Klimaschutz« ist ein noch besseres Geschäft als das Ruinieren des Klimas, der Traum eines jeden Kapitalisten: »Geschäft kreiert Geschäft«. Darum tun sie auch alles, um die Klimahysterie noch weiter anzuheizen, z. B. über Gründung/finanzielle Unterstützung von Hysterikervereinen wie der »Letzten Generation«.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (21. November 2023 um 12:45 Uhr)»Klimahysterie«, »Hysterikerverein Letzte Generation«? Ein Problem wird nicht kleiner, wenn man es und die, die darauf aufmerksam machen, verspottet. Allein die heutige jW enthält mehrere alarmierende Fakten zum menschengemachten Klimawandel. Vielleicht ist »Augen zu und durch!« doch eher eine Parole, mit der man schneller als gedacht dort landen kann, wohin man keinesfalls wollte. Warnschilder vor einem Abgrund sollte man besser ernstnehmen, als über sie zu lachen.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (20. November 2023 um 20:26 Uhr)Allmählich kann ich das Mittelwert-, Median-, Dezil- und Perzentilgeschwafel nicht mehr hören. Wenn man den CO2-Ausstoß des reichsten Prozents der Weltbevölkerung auf das ihm zustehende eine Prozent reduziert, bleiben immer noch 85% Prozent übrig. Es müssen aber 0% her! Da ist eine andere Produktionsweise gefragt. Man lese hierzu Elmar Altvater (vor fast zwanzig Jahren): »Ohne den Übergang zum Fossilismus wäre die Mission des Kapitalismus, die Produktivkräfte zu steigern, vergeblich gewesen. Die industrielle Revolution war also auch eine fossile Revolution.« (http://www.elmaraltvater.net/articles/Altvater_Article23b.pdf)