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Aus: Ausgabe vom 30.10.2023, Seite 4 / Inland
Palästina-Solidarität

Kulturkampf mit Mülltonne

Tausende auf deutschen Straßen gegen israelische Bombardements von Gaza und deutsche Unterstützung. Rechte Hetze geht weiter
Von Jamal Iqrith
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Demonstranten am Sonnabend in Berlin

Vor dem Hintergrund der offenbar bevorstehenden israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen fanden am Wochenende erneut Protestkundgebungen und -demonstrationen in mehreren deutschen Städten statt. Sie richteten sich vor allem gegen die Bombardements des dicht besiedelten Küstenstreifens und die israelische Besatzung im allgemeinen.

In Berlin sind die Behörden bislang rigoros gegen Demonstrationen und sogar gegen palästinensische Symbole bei Individuen vorgegangen. Im migrantisch geprägten Neukölln beschreiben Anwohner einen belagerungsähnlichen Zustand mit polizeilicher Dauerpräsenz; einzelne Aktivisten und Passanten seien wegen des Zeigens von Palästinensertüchern oder Flaggen festgenommen worden. Zahlreiche Strafanzeigen wurden seit dem 7. Oktober gestellt. Am Freitag abend hatte die Polizei nach eigenen Angaben im Bezirk Mitte mehrere propalästinensische Demonstrationen unter anderem am Alexanderplatz sowie am Pariser Platz aufgelöst.

Am Samstag nachmittag allerdings zogen, von der Polizei weitgehend unbehelligt, nach Angaben der Organisatoren bis zu 15.000 Menschen durch Berlin-Kreuzberg und forderten unter anderem einen »sofortigen Waffenstillstand«. Auch die deutsche Unterstützung für die israelische Regierung wurde bei der Demonstration unter dem Motto »Global South United!« heftig kritisiert. Die Polizei war mit einem großen Aufgebot vor Ort und hatte zuvor wie üblich »Ausschreitungen« befürchtet. Es kam letztlich jedoch zu weit weniger Festnahmen als bei viel kleineren Veranstaltungen in der Vergangenheit.

Auch in anderen Städten fanden am Sonnabend Protestmärsche und Kundgebungen statt. In Dortmund, Duisburg und Aachen versammelten sich mehrere tausend Menschen. In München nahmen über 6.000 Menschen an einer Demonstration teil. In Hamburg löste die Polizei zwei nicht angemeldete propalästinensische Versammlungen mit 500 bzw. 70 Teilnehmern auf. Die Polizei leitete nach eigenen Angaben 20 Strafverfahren ein.

Derweil steht die »Fridays for Future«- Ikone Greta Thunberg in Deutschland erneut in der Kritik der Unterstützer der rechten israelischen Regierung. Am Freitag hatte Thunberg in sozialen Medien erneut ihre Sympathie für die Sache der Palästinenser bekundet. Die deutsche »Fridays for Future«-Frontfrau Luisa Neubauer distanzierte sich am Sonnabend von angeblich »antisemitischen Posts« auf »internationalen Kanälen« der Klimaschutzbewegung.

Politik und Medien versuchen weiterhin mit aller Kraft, das Narrativ von der »israelischen Selbstverteidigung« aufrechtzuerhalten. Am Dienstag hatte die CDU beim Kurznachrichtendienst X »Free Palestine« als »Schlachtruf einer international tätigen Terroristenbande« bezeichnet. Beim rechten Portal Nius von Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt wurden die Proteste vom Wochenende als »Machtdemonstrationen des Islamismus« bezeichnet.

Bild veröffentlichte am Sonntag gar ein Manifest in mehreren Sprachen mit dem Titel »Deutschland, wir haben ein Problem!«, das darauf zielt, einen rechten Kulturkampf heraufzubeschwören. Seit dem »Terrorangriff der Hamas« erlebe die BRD eine »neue Dimension des Hasses« gegen »unsere Werte, die Demokratie, auf Deutschland«, heißt es im Text. Die 50 darin enthaltenen »Grundsätze« richten sich gegen die »vielen Menschen« in Deutschland, die »unsere Art zu leben bekämpfen« und »ihren Kindern­ ­beibringen, andere zu hassen, weil sie ›Ungläubige‹ sind.« Bebildert ist es mit einer brennenden Mülltonne in Neukölln.

Angesichts der tatsächlichen Ereignisse im Gazastreifen wird dieses Framing jedoch auch in Deutschland immer unglaubwürdiger. Auch in den westlichen Metropolen scheinen trotz scharfer Repressionen immer weniger Menschen bereit, zu staatlicher Gewalt und Unrecht zu schweigen.

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