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10.08.2023, 19:56:57 / Inland

Eritrea-Festival: Messe Gießen knickt vor Gewaltmob ein

Solche Szenen blieben Gießen erspart: Zerstörte Zelte des Eritre
Solche Szenen blieben Gießen erspart: Zerstörte Zelte des Eritrea-Festivals in Stockholm am 3. August

Gießen. Die Messe Gießen will ihre Räumlichkeiten im kommenden Jahr nicht mehr für das Eritrea-Festival zur Verfügung stellen. Der Betreiber habe dem Verein »Zentralrat der Eritreer« nach dessen Anfrage signalisiert, die Hessenhallen im kommenden Jahr nicht mehr zu vermieten, wie die Gießener Allgemeine Zeitung am Donnerstag meldete. Das gehe aus einem Schreiben hervor, das das Unternehmen am 4. August an die Gießener Stadtverordneten verschickt hat. Unterschrieben wurde der Brief, der der Gießener Allgemeinen vorliegt, vom Geschäftsführer des privaten Unternehmens, Roland Zwerenz. Darin bittet er die Stadtverordneten, »eine rechtlich tragfähige Begründung für die Weigerung des Mietvertrages« zu nennen; die Stadt habe auf diese Bitte bisher nicht geantwortet.

Kurz nach den Angriffen auf das diesjährige Eritrea-Festival Anfang Juli bei dem mehr als 20 Polizisten verletzt, Besucher bedroht und angegriffen wurden, hatte Zwerenz in einer Stellungnahme vom 13. Juli noch Kritik am Vorgehen vor allem des Stadtverordneten Klaus-Dieter Grothe (Bündnis 90/Die Grünen) geübt, der im vergangenen Jahr gewaltsame Ausschreitungen gegen ein eritreisches Konzert in den Gießener Messehallen begleitet hatte: »Auf Facebook hat Herr Grothe die Gewaltaktion anschließend als ›Sieg für Gerechtigkeit und Demokratie‹ gefeiert, obwohl er als Zaungast das Großaufgebot an Rettungsdiensten und Polizei vor Ort gesehen hat und ihm das Ausmaß der Brutalität klar gewesen sein muss. (...) Damit wurde ein Signal ausgesendet, dass man mit Gewalt seine Ziele erreichen kann. Auch die Vorsitzende des Vereins, der die Demonstration angemeldet hatte, hat sich nicht von der Gewalt distanziert und triumphiert, dass die Polizei aus Sicherheitsgründen das Konzert absagen musste. Sie hat in ihrem Facebook-Eintrag aufgerufen, weiter so vorzugehen, um Erfolge zu erzielen. Damit war ein Damm gebrochen. Gewalt wurde als Methode in der politischen Auseinandersetzung legitimiert.«

Nun musste der Betreiber der Hessenhallen offenbar dem Druck nachgeben. Was letztlich dazu führt, wovon Zwerenz sich im Juli noch distanziert hat: »Wir diskriminieren eine klar definierte Gruppe, die Eritreer in Deutschland, die bereits seit vielen Jahren hier sind, weil eine andere Gruppe, die Eritreer, die erst seit kürzerem hier sind, Gewalt angedroht und ausgeübt hat.« (jW)

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