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Aus: Ausgabe vom 19.07.2023, Seite 2 / Inland

Gysi: Linkspartei hat Osten »vernachlässigt«

Berlin. Die Linke hat nach Ansicht ihres ehemaligen Fraktionschefs Gregor Gysi nach der Fusion der damaligen PDS mit der WASG 2007 ihren »Ostnimbus« verloren. »Von da an wurde der Osten von der Linken vernachlässigt«, sagte Gysi dem Portal web.de in einem am Dienstag veröffentlichten Interview. Persönlich werfe er sich vor, »dass ich nicht hartnäckiger darauf hingewiesen habe«. Die Partei befinde sich nun »in einer existenziellen Krise«. Über seine Fraktionskollegin Sahra Wagenknecht sagte er: »Wir brauchen sie. Die Linke ist keine Einheitspartei, sondern eine ›Von-bis-Partei‹, mit unterschiedlichen Strömungen.« (dpa/jW)

  • Leserbrief von Andreas Kubenka aus Berlin (20. Juli 2023 um 17:43 Uhr)
    Die Tränen, die Gysi über den Verlust des »Ostnimbus« vergießt, sind Krokodilstränen. Die »Ostpartei« PDS/PDL war allerspätestens mausetot, als sie einen antikommunistischen Wessi mit DDR-Phobie zu ihrem Ministerpräsidenten machte. Schon vorher machte sie sich durch ihren Kurs auf prinzipienloses Mitregieren zum Mittäter des herrschenden BRD-Systems, dem die ostdeutsche Nation zu Kapitulationsbedingungen unterworfen wurde. An dieser Entwicklung seiner Partei war Gysi hauptverantwortlich beteiligt!
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (18. Juli 2023 um 21:27 Uhr)
    Gregor Gysi hätte sich noch weit mehr vorzuwerfen. Unter seiner Führung hat seine Partei erst ihr historisches Gedächtnis verloren und dann ihre theoretischen Grundsätze. War es nicht Gregor Gysi, der die Seinen auf die parlamentarische Demokratie eingeschworen hat und sie damit zu jenem Papiertiger machte, der dann bettelnd am Katzentisch der Herrschenden platznehmen durfte? Jetzt darüber zu klagen, dass das schlimme Folgen hatte, wird seiner persönlichen Rolle nicht gerecht. Im Dezember 1989 überreichte man ihm einen großen Besen. Mit dem sollte er das Unnötige aus der SED-PDS hinausfegen. Leider hat er ihn benutzt, um das wirklich Nötige wegzukehren. Heute, da eine starke, wirklich sozialistische Partei so dringend gebraucht würde, werden die dramatischen Folgen seiner damaligen Entscheidungen immer offensichtlicher. Es war eben nicht nur Gorbatschow, der sich den Anforderungen der Zeit nicht gewachsen gezeigt hat. Zwei große rhetorische Talente und leider dasselbe bedauernswerte Ergebnis.