Inflation längst nicht vom Tisch
Von Klaus Fischer
Glaubt man den Mainstreammedien, so ist das Inflationsgespenst kleiner geworden. Obwohl das Statistikamt in Wiesbaden Ende März die Teuerungsrate für den zurückliegenden Monat mit plus 7,4 Prozent im Jahresvergleich und plus 0,8 Prozent gegenüber dem Februar angab, war eher Beschwichtigung angesagt: Der Trend stimme, die Steigerungen verlangsamten sich, so die meisten Kommentare. Auch nach den Zahlen aus den USA in der vergangenen Woche wurde zunächst erklärt, dass die amtlich verkündete Teuerung – um fünf Prozent – sich im Jahresvergleich um einen ganzen Prozentpunkt abgeschwächt habe. Als dann am Freitag die Anleger sehr zögerlich reagierten, zeigte sich, dass manche Journalisten die Statistik wohl nicht richtig interpretiert hatten.
Trotz gemeldeter Milliardengewinne im Bankensektor drehte der Leitindex Dow Jones in New York ins Minus. Denn die guten Zahlen schürten die Angst vor weiteren Zinserhöhungen – was die Profispekulanten verunsichert hatte. Nicht nur die Wirtschaftsmacht USA steht vor dem Dilemma, entweder die Inflation weiter mit höheren Leitzinsen zu bekämpfen, was die Finanzbranche weiter unter Druck setzen würde, oder die Teuerung nur zu beobachten, in der Hoffnung, dass sie »auslaufe«, um Investoren zu schützen. Diesen Hoffnungen begegnete US-Notenbankdirektor Christopher Waller am Freitag mit der Forderung nach einer weiteren Verschärfung der Geldpolitik, da die Inflation noch immer sehr hoch sei und der Arbeitsmarkt robust, wie dpa zum Wochenende meldete.
Fakt ist: Die Preissteigerung in den USA ist zwar von sechs auf fünf Prozent gefallen und damit deutlicher als erwartet. Aber die sogenannte Kerninflation ist gestiegen. Der Herausgeber des Medienportals The Pioneer, Gabor Steingart, zitierte am Wochenende in seinem Briefing dazu Pioneer-Börsenreporterin Anne Schwedt: »Wenn man Lebensmittel und Energiepreise rausnimmt, die super volatil sind, dann ist die Inflation sogar gestiegen. Und sie ist jetzt auch erstmals höher als die Gesamtinflation. Jetzt kommen wieder die Rezessionssorgen auf.«
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