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Aus: Ausgabe vom 18.03.2023, Seite 4 (Beilage) / Wochenendbeilage
Bildreportage

Weitaus vielfältiger

Protest in Frankreich gegen »Rentenreform« geht über Macrons geplantes Diktat hinaus. Jugend und Frauen besonders aktiv
Von Anne Paq
Historischer Tag: Verhaftung eines Demonstranten in Paris, während nach Angaben der CGT mehr als zwei Millionen Menschen am 19. Januar in ganz Frankreich auf die Straße gehen
Wieder Hunderttausende unterwegs: Der dritte Tag der gewerkschaftsübergreifenden Massenmobilisierung in Paris (7.2.2023)
»Feministinnen und Antirassisten: Lasst uns einen Generalstreik für unsere Rentnerinnen und Rentner organisieren und alles umwerfen« – Titel einer Univeranstaltung am Abend des 20. Februar in der Universität Paris VIII
Gegen das Patriarchat: Feministischer Marsch in Paris am Abend des 6. März
Radikal, laut und in Massen unterwegs: Nach CGT-Angaben gingen am 7. März rund 3,5 Millionen Franzosen auf die Barrikaden
Schülerinnen und Schüler blockieren am 17. Februar das Lycée Racine in Paris

Frankreich erlebt eine der größten sozialen und politischen Mobilisierungen gegen eine geplante »Reform« seit drei Jahrzehnten. Am 7. März fand die größte Demonstration seit Beginn der Mobilisierung gegen die »Rentenreform« statt; nach Angaben der Gewerkschaft CGT gingen mehr als drei Millionen Menschen auf die Straße, darunter 700.000 in Paris. Ungefähr zur gleichen Zeit, als die »Rentenreform« angekündigt wurde, nahm Präsident Emmanuel Macron eine historische Erhöhung des Militärbudgets vor, mit einer zusätzlichen Zuweisung von 100 Milliarden Euro. Die Regierung scheiterte jedoch bereits 2019/2020 an der Durchsetzung einer geplanten »Rentenreform«, die ebenfalls auf heftigen Widerstand der Bevölkerung gestoßen war.

Auf der Straße nimmt die Massenmobilisierung viele Formen an und steht seit Anfang des Jahres im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung. In einer eher ungewöhnlichen Aktion haben sich die Gewerkschaften zusammengeschlossen und organisieren regelmäßig gewaltige Demonstrationen und Streiks. Auch wenn sich die Medien auf die wichtigsten Protestzüge konzentrieren, ist die soziale und politische Mobilisierung weitaus vielfältiger und umfasst auch viele Forderungen, die über die Verteidigung des bestehenden Rentensystems hinausgehen – von antikapitalistischen Slogans bis hin zur Ablehnung der repressiven Agenda der Regierung insgesamt.

Die Jugend ist besonders aktiv. In den vergangenen Wochen wurden mehrere Universitäten besetzt und viele Gymnasien verbarrikadiert. In einigen Fällen gab es heftige Repression seitens der Polizei, wie zum Beispiel beim Lycée Racine in Paris. Drei Schüler wurden nach der Verbarrikadierung ihres Gymnasiums am 7. Februar für mehr als 24 Stunden in Gewahrsam genommen. In Aubervilliers wurden am 30. Januar etwa 30 Studenten des Campus Condorcet, einer halbprivaten Universität, nach dem Versuch, ihre Einrichtung zu besetzen, ebenfalls in Gewahrsam genommen. Sie wurden von der Polizei beschimpft, gewalttätig angegriffen, und ihnen wurde sogar Vergewaltigung angedroht.

Sie besetzen nun ein Gebäude der Universität, das sie »ACABane« nennen, wo politische Versammlungen organisiert werden. Emilie*, eine der Studentinnen, die den Campus besetzen, sagte: »Was erwarte ich von der Mobilisierung? Ich habe mich daran gewöhnt, dass die Gesetze verabschiedet werden, auch wenn es eine Mobilisierung gibt. Aber für mich besteht das Interesse darin, Verbindungen zu schaffen, sich zu organisieren, sich kennenzulernen, voranzukommen. Das macht es möglich, ein echtes Netzwerk zu schaffen, das es ermöglicht, Dinge langfristig zu tun, und dann radikalisiert es auch viele Leute. Die Tatsache, einen solchen Moment zu erleben, zu besetzen und sogar in Gewahrsam genommen zu werden … wir lernen, wie wir gemeinsam kämpfen können.«

Die Mobilisierung steht auch im Zeichen der Demonstration für die Rechte der Frauen, die von der »Rentenreform« besonders betroffen sein werden. Am 6. März nahmen Hunderte Menschen an einem nächtlichen feministischen Marsch gegen das Patriarchat in der Hauptstadt teil – viele Frauen eroberten die Straßen zurück und brachten ihre Wut auch am Internationalen Kampftag am 8. März zum Ausdruck.

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