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Raritäten vom Herrn Wrdlbrmpfd

Von Pierre Deason-Tomory
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»Dieser Mensch ist ein durchaus komplizierter, blutiger Witz«, Bertolt Brecht über Karl Valentin, hier fotografiert in seinem Münchner Haus am 19.8.1947

Den drei nichtkommerziellen Lokalradios Radio Blau in Leipzig, Coloradio in Dresden und Radio T in Chemnitz drohen heftige finanzielle Einbußen. Für alle Freien Radios in Sachsen zusammen stehen aus den üppigen Rundfunkgebühren Fördergelder in Höhe von nur 100.000 Euro jährlich zur Verfügung. Nachdem mit Radio Zett in Zittau ein viertes Bürgerradio auf Sendung gegangen ist, soll diese Summe ab diesem Jahr durch vier geteilt werden. So hat es der Medienrat der Sächsischen Landesmedienanstalt beschlossen. Damit reduziert sich die Förderung aus dem GEZ-Topf für Radio Blau nach eigenen Angaben auf 68 Prozent der bisherigen Summe – mit der Folge, dass die Koordination der ehrenamtlichen Sendungsmacher spätestens ab Oktober nicht mehr gewährleistet werden kann. Der Sender forderte den Medienrat am 29. Januar dringend auf, die Fördersumme aus den Rundfunkgebühren zu erhöhen, um die Arbeit aller vier Sender abzusichern.

Das ebenfalls chronisch unterfinanzierte Weimarer Bürgerradio ­Lotte wird am Dienstag in der Sendung »Literaturland Thüringen im Radio« eine sonderbar klingende Ausstellungseröffnung im Literaturhaus Leipzig übertragen. Eingeladen hatte am 10. Januar das Journal Palmbaum, in dessen aktueller Ausgabe an den ­Dada-Kongress 1922 in Weimar und Jena erinnert wird. Auf der Vernissage wurden Texte von Paul Scheerbart bis zum 2017 verstorbenen Horst Hussel vorgetragen. Solche von Hugo Ball und Kurt Schwitters natürlich auch. Am Klavier begleitete der Irrwitz­virtuose Michael von ­Hintzenstern, der dann noch das Publikum zum absurden Chor umfunktionierte (Di., 22 Uhr).

Sonst in dieser Woche im Radio: Der erste von zwei Teilen des Features »Vater unser« über den Umgang mit Täterkunst am Beispiel des Wiener Aktionskünstlers Otto Muehl (Ursendung, Di., 22.03 Uhr, DLF Kultur). 70 Jahre nach seiner Entstehung ist voriges Jahr »Die Denunziantin« erschienen, der erste Roman von Brigitte Reimann. HR 2 Kultur sendet ab Donnerstag eine gekürzte Lesefassung (HR 2022, Do., 9.05 und 14.30 Uhr). In der zweiten Folge der Serie »Wen dürfen wir essen?« wird uns verraten, warum wir Kätzchen liebkosen und Kühe verzehren (Fr., 19.15 Uhr, DLF). In der Reihe »Aus den Archiven« sendet DLF Kultur eine Reportage von Radio DDR II aus dem Jahr 1978, »Gehüllt in Niedertracht, gleichwie in einer Wolke«. Berichtet wird von der BRD-Staatsaffäre um den ehemaligen Nazirichter Filbinger (Sa., 5.05 Uhr, DLF Kultur). Der Schöpfer von Herrn Wrdlbrmpfd, Karl Valentin, ist am 11. Februar vor 75 Jahren, einem Aschermittwoch, auf einem Münchner Vorortfriedhof zu Grabe getragen worden, nachdem er sich in einer kalten Theatergarderobe den Tod geholt hatte. Gerhard Polt, Gisela Schneeberger und die Biermösl Blosn haben 2007 selten inszenierte Texte von ihm verarbeitet: »Der unbekannte Valentin« (Sa., 15.05 Uhr, Bayern 2). Dessen Freund Bertolt Brecht würde am 10. Februar seinen 125. Geburtstag feiern. BR Klassik gratuliert mit einer Aufnahme der »Dreigroschenoper«, in der das Ensemble Modern auf Max Raabe und Nina Hagen trifft. Nun ja (RCA Records 1999, Sa., 19.05 Uhr). Grusel verspricht auch das »Mikado«-Hörspiel »Der 13. Februar« am Sonntag morgen, in dem süße kleine Waisenkinder vom Flussgeist verspeist werden (NDR 2022, So., 7.04 Uhr, NDR Kultur). Und für eine ausgelassene Rosenmontagsparty empfehlen wir ein Konzert der »Push The Sky Away«-Tour von Nick Cave and the Bad Seeds, das vor zehn Jahren im Berliner Admiralspalast aufgezeichnet worden ist (Mo., 20.03 Uhr, DLF Kultur).

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