DGB: Zahnloses Nachhaltigkeitskapitel bei CETA-Abkommen

Zur durch die Regierungskoalition angekündigten Ratifizierung des CETA-Abkommens erklärte Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied, am Freitag:
Dass die Koalition den gefährlichen Investitionsschutz begrenzen will, ist ein positives Signal. Ob eine Interpretationserklärung dazu das richtige Mittel ist, ist aber höchst zweifelhaft – das lehren die Erfahrungen mit dem »Gemeinsamen Auslegungsinstrument« (JII). Dessen Versprechen sind bisher auch nicht umgesetzt worden: Bei der Unterzeichnung von CETA wurde darin beispielsweise versprochen, dass das zahnlose Nachhaltigkeitskapitel des Abkommens überarbeitet wird. Darauf warten wir bis heute vergeblich. Positiv ist: Die EU-Kommission hat mittlerweile offenbar dazugelernt: Verstöße gegen Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerstandards sollen nun auch sanktioniert werden. Die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit der International Labour Organization (ILO) müssen dabei ebenso berücksichtigt werden wie die ILO-Kernarbeitsnormen. (…)
Der Berliner Arbeitskreis Wohnungsnot informierte am Freitag über die Folgen der Schließung von Quarantäneeinrichtungen für an Covid-19 erkrankte wohnungslose Personen:
Zum 30.4.2022 wurde die Quarantänestation für Personen ohne festen Wohnsitz ersatzlos geschlossen. Seitdem wurden bereits neun positiv getestete Menschen aus den niedrigschwelligen Einrichtungen auf die Straße verwiesen. Diese Menschen werden in der Regel nicht medizinisch versorgt und können sich nicht isolieren. (…) Die in den letzten Monaten etablierten Handlungsrichtlinien und Abläufe, welche sowohl den Betroffenen als auch den MitarbeiterInnen eine gewisse Sicherheit vermitteln konnten, wurden damit ausgelöscht.
Doch die Pandemie ist noch nicht vorbei! Obdachlose Menschen erkranken weiterhin, und die ganzjährigen Notübernachtungen, Tagesstätten und weitere niedrigschwellige Angebote können diese Menschen derzeit nicht versorgen. Die von der Sozialverwaltung geplanten (unzureichenden) Abläufe wurden an keiner Stelle mit den niedrigschwelligen Einrichtungen, welche diese umsetzen sollen, kommuniziert und sind darüber hinaus in der Realität kaum umsetzbar. So sind die Gesundheitsämter in der Regel während der Öffnungszeiten der Notübernachtungen (abends) und auch am Wochenende nicht zu erreichen oder können häufig nicht in einem angemessenen Zeitraum eine adäquate Unterbringung, welche den Bedürfnissen der Betroffenen entspricht, gewährleisten.
Einige Einrichtungen sind bereits dazu übergangen, keine Coronatestungen mehr durchzuführen, andere waren gezwungen, Menschen mit positivem Testergebnis auf die Straße zu schicken. Bisher sind dem Arbeitskreis Wohnungsnot neun Fälle bekannt, in welchen Personen nach einem positiven Coronaschnelltest ohne jegliche Versorgung und Unterstützung auf die Straße geschickt werden mussten. (…) Wir fordern den Gesundheitsschutz auch von Menschen ohne festen Wohnsitz und das sofort! Dabei gibt es ausreichend Möglichkeiten: Öffnung der bestehenden Quarantänestation für geflüchtete Menschen auch für Personen ohne festen Wohnsitz, die Reaktivierung der vorher bestehenden Quarantänestation für Menschen ohne festen Wohnsitz oder die Bereitstellung von Hotelzimmern mit integrierter und adäquater Versorgung.
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