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Aus: Ausgabe vom 25.01.2022, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft

Queere Priester fordern Arbeitsrechtsreform

Hamm. In einer öffentlichen Aktion haben sich 125 Priester und andere Beschäftigte der katholischen Kirche als queer geoutet und eine Reform des Arbeitsrechts gefordert. »Die Gemeindereferentin, die ihre Freundin heiraten will, verliert ihren Job«, sagte Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm laut dpa-Meldung von Montag. Das könne im Jahr 2022 unmöglich so bleiben. 20 katholische Verbände und Organisationen solidarisierten sich mit den Forderungen der Aktion »#OutInChurch – Für eine Kirche ohne Angst«. (dpa/jW)

  • Leserbrief von Dennis Riehle aus Konstanz (26. Januar 2022 um 13:48 Uhr)
    Das Outing von mehr als 100 Mitarbeitern der katholischen Kirche dürfte eigentlich keine Schlagzeile wert sein. Dass es dies doch ist, zeigt deutlich, wie fern viele klerikale Kreise auch weiterhin von der Lebenswirklichkeit ihrer Gläubigen und Angestellten sind. Es gibt biblisch keinerlei Rechtfertigung, homosexuelles Empfinden als Sünde zu brandmarken. Auch das sittliche Ausleben der eigenen Orientierung widerspricht eindeutig nicht der Heiligen Schrift. Wer aus den Büchern Mose eine anderweitige Interpretation ableitet, nimmt eine buchstabengetreue Exegese vor, die es vergisst, den Kontext der damaligen Zeit in die Gegenwart zu übertragen – und begeht nach meinem Verständnis überdies einen Übersetzungsfehler aus dem Hebräischen. Letztlich sind es die gleichsam in Genesis und Exodus zu findenden Worte von Freiheit, Eigenverantwortung und der Unterscheidungsfähigkeit zwischen Gut und Böse, die Gott dem Menschen übertragen hat, welche den vielfach zitierten Versen über angebliche Widrigkeit gleichgeschlechtlicher Partnerschaft zuwiderlaufen. Auch Matthäus 19 und das Liebesgebot aus dem 1. Johannesbrief stehen zu dem Gedanken, wonach die Zuneigung zwischen zwei Männern oder zwei Frauen nicht dem schöpferischen Willen entsprechen würde, diametral in Opposition. Die Annahme jedes einzelnen von uns durch einen Erschaffer, der selbst als androgyn zu bezeichnen ist und die Verschiedenheit des Genus lediglich als einen sich ergänzenden Pol in der Weltordnung hervorgebracht hat, um ein mögliches Beispiel für das Zusammenleben von Individuen zu zeigen, ist für mich selbstverständlich. Jeder, der einen christlichen Humanismus vertritt, muss zur Konklusion kommen, dass die Unterschiedlichkeit von Wesen fundamental zur katholischen Überzeugung gehört. Und so ist der Sexus nicht dafür gedacht, sich innerhalb des gleichen Geschlechts voneinander abzugrenzen. Vielmehr ist die Anziehung von Menschen jeglicher Couleur repräsentativer Ausdruck der göttlichen Agape, die wir andernfalls kaum spüren könnten, würden wir nicht Zärtlichkeit unter unseresgleichen praktizieren dürfen. Und so ist jede verantwortungsvoll ausgelebte Liebe im Sinne eines Schöpfers, der weder in seiner theistischen Gestalt und stellvertretenden Niederkunft durch Jesus Christus, noch durch die uns von ihm eingegebenen Zeilen Anstalten macht, homosexuelle Hingabe und Leidenschaft zu unterbinden.

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