Investitionen verschlafen

In Deutschland sind einem Medienbericht zufolge im vergangenen Jahr Milliarden an Investitionsmitteln nicht ausgegeben worden. Im Bundeshaushalt hätten 71,3 Milliarden Euro für dringend benötigte Investitionen zur Verfügung gestanden, davon seien aber 21 Milliarden Euro ungenutzt geblieben, berichtet die Augsburger Allgemeine am Dienstag unter Berufung auf Zahlen des Bundesfinanzministeriums. Die Liste nicht getätigter Investitionen erstrecke sich auf nahezu alle Ministerien.
Aus dem Konjunkturpaket 2020 beispielsweise sollte ein Teil in den Ausbau und Erhalt der Bundesautobahnen fließen. Rund 680 Millionen Euro hätten ausgegeben und verplant werden können, tatsächlich floss nicht einmal die Hälfte des Geldes, wie die Zeitung berichtete. Etwa 350 Millionen Euro verblieben demnach in der Staatskasse. »Erhebliche Minderausgaben« waren demnach auch bei geplanten Investitionen für die »Wasserstoffstrategie« zu verzeichnen. Rund 200 Millionen, die im Konjunkturpaket 2020 zur Verfügung standen, wurden nicht ausgegeben, wie es weiter hieß.
Etwa 100 Millionen Euro wurden den Zahlen zufolge bei der Investitionsförderung für den Stallumbau nicht genutzt. Es handelt sich ebenfalls um eine Maßnahme aus dem Konjunkturpaket 2020, das Geld sollte nach dem Willen von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) dem Tierwohl dienen. Bei den »Konjunkturmaßnahmen Wald und Holz« blieben laut Bericht 130 Millionen Euro ungenutzt in der Kasse, beim Breitbandausbau 285 Millionen Euro.
Rund 40 Millionen Euro wurden 2020 für die Steigerung der Attraktivität von Bahnhöfen zur Verfügung gestellt. Davon flossen laut Augsburger Allgemeine allerdings rund 27 Millionen Euro nicht ab – plus weitere Millionen, die in anderen Bereichen für das Schienennetz zur Verfügung gestanden hätten.
Die Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz (Bündnis 90/ Die Grünen) sagte der Zeitung: »Die USA, China und viele unserer europäischen Nachbarn investieren deutlich mehr als Deutschland.« Die Bundesregierung hingegen bekomme es noch nicht mal hin, den Mittelabfluss der geplanten Investitionen zu gewährleisten, kritisierte Deligöz. Es brauche Investitionen, um aus der Coronakrise stark wieder herauszukommen.
Jens Südekum, Ökonom an der Universität Düsseldorf, sagte im Interview mit dem Deutschlandfunk am Dienstag, es gebe hierzulande eine »große Investitionslücke«. Dies gelte für die Schulen sowie für die Verkehrs- und digitale Infrastruktur. Ein Grund dafür sei der Personalabbau in den Städten und Kommunen. Die sogenannten Nettoinvestitionen seien dort seit mehr als 20 Jahren negativ. »Das heißt, wir leben so gesehen von der Substanz im kommunalen Bereich.« Während sich Unternehmen wie selbstverständlich verschuldeten, hätten sich die Staaten in der EU »sehr restriktive Fiskalregeln gegeben, die im Prinzip Verschuldung fast komplett verbieten«, kritisierte Südekum. (AFP/jW)
Wer fürchtet sich eigentlich vor wem?
Polizei vor Kiezkneipen- oder Waldschützern, Instagram vor linken Bloggern, Geheimdienste vor Antifaschisten? Oder eher andersherum? Die Tageszeitung junge Welt entlarvt jeden Tag die herrschenden Verhältnisse, benennt Profiteure und Unterlegene, macht Ursachen und Zusammenhänge verständlich.
Unverbindlich und kostenlos lässt sich die junge Welt drei Wochen lang (im europäischen Ausland zwei Wochen) probelesen. Abbestellen nicht nötig, das Probeabo endet automatisch.
Ähnliche:
- Issei Kato/REUTERS06.12.2019
Abenomics gegen den Abegeddon
- Paul Hackett/Reuters10.08.2016
Neues Strohfeuer
- 05.05.2012
Ziel: Fiskalpakt verhindern
Mehr aus: Inland
-
»Lockdown«-Strategie gesucht
vom 07.04.2021 -
Scheuer heimlich unterwegs
vom 07.04.2021 -
Auf den Spuren von Strauß
vom 07.04.2021 -
Des Pudels Kern
vom 07.04.2021 -
Plattform als Preistreiber
vom 07.04.2021 -
»Die Bevölkerung holte sich das Gelände zurück«
vom 07.04.2021