»Eine Absage stand nie zur Debatte«
Interview: Markus Bernhardt
Die Coronapandemie stellt auch Ihr Bündnis vor große Herausforderungen. Am Montag abend wurde bekanntgegeben, dass die traditionelle Luxemburg-Liebknecht-Demonstration in Berlin trotzdem an diesem Sonntag stattfindet. Wie kam es zu der Entscheidung?
Nach kontroverser Diskussion hat das Bündnis am Montag mit einer Stimme Mehrheit beschlossen, die Demonstration nicht zu verschieben und beim traditionellen Termin zu bleiben. Konsens herrschte darüber, dass diese Entscheidung sich nicht gegen die des Berliner Landesvorstandes der Linkspartei richtet, das stille Gedenken erst am 14. März durchzuführen. Der Landesvorstand hat das Bündnis in den vergangenen Wochen stets fair und transparent über seine Erwägungen und Festlegungen informiert. Es gibt für uns keinen Grund, die Genossinnen und Genossen für ihre Entscheidung in irgendeiner Weise zu denunzieren. Als Sprecherin der Kommunistischen Plattform der Partei Die Linke werde ich dafür plädieren, dass sich unsere Mitglieder auch am stillen Gedenken im März beteiligen. Das Bündnis hat seit 1996 darum gerungen, dass die Demonstration Teil der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung ist. Wir möchten dies durch die jüngste Bündnisentscheidung nicht in Frage stellen, und ich hoffe, dass auch der Berliner Landesvorstand zu keinem anderen Schluss kommt.
Was sprach dagegen, die Demonstration zu verschieben oder abzusagen?
Eine Absage stand nie zur Debatte. Diejenigen, die gegen die Verschiebung votierten, äußerten starke Bedenken, von dem traditionellen Termin abzugehen. Eine Absage sei nicht vermittelbar, sie käme einem Einknicken gleich und sei ein falsches Signal. Zudem wisse niemand, was im März möglich sei. Letzteres ist unbestreitbar. Dennoch verwiesen die Befürworter einer Verschiebung – zu denen ich gehörte – darauf, dass sehr viele Menschen, die uns durchaus nahe stehen, kein Verständnis dafür zeigen würden, wären wir in der bekannten Situation nicht bereit, de facto acht Wochen Zeit zu gewinnen. Des weiteren verwiesen die Befürworter einer Verschiebung auf den bündnispolitischen Aspekt und darauf, dass wir uns mit den vielen älteren Genossinnen und Genossen solidarisch zeigen sollten, die unter den aktuellen Umständen auf keinen Fall ihre Gesundheit gefährden wollen. Nun ist die Entscheidung gefallen, und selbstverständlich werden die Bündnismitglieder unabhängig von ihrem persönlichen Abstimmungsverhalten am Sonntag ihre Verantwortung wahrnehmen.
Also wird das Organisationsteam der Demonstration auf die Einhaltung von Abstand und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes pochen?
Darauf orientieren wir, seit im September das Bündnis mit der Arbeit begonnen hat. Wer am Sonntag zur Demonstration kommt mit der Absicht, auf Abstandsregeln zu pfeifen oder ohne Maske teilzunehmen, der hat entweder überhaupt nichts begriffen, oder will, dass die Polizei den Aufzug auflöst. Und ja: Provokationen sind gerade unter den gegebenen Umständen nicht auszuschließen.
In diesem Kontext möchte ich noch auf einen Punkt verweisen, zu dem es im Bündnis völlige Übereinstimmung gibt: Jede und jeder kann an unserer Demo teilnehmen. Aber wir verwahren uns gegen jegliche Instrumentalisierung. Bekennende »Querdenker« sind nicht erwünscht. Wir demonstrieren nicht gegen das Impfen, sondern gegen kapitalistische Ausbeutung, Kriegstreiberei und Faschisten.
Einige Organisationen, die sich ansonsten an der LL-Demonstration beteiligt haben, rufen zu lokalen Gedenkaktivitäten auf. Halten Sie dies für eine gangbare Alternative?
Wir haben noch nie gegen Linke Stellung bezogen, die ihre eigene Form des Gedenkens an Rosa und Karl gewählt haben. Wichtig sind das Gedenken an sie und der Kampf in ihrem Sinne.
Wie wird sich die aktuelle Pandemielage auf die Anzahl der Teilnehmenden bei der Demonstration in Berlin auswirken?
Wir rechnen mit weitaus weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmern als in den vergangenen Jahren. Bundesweit wurde kaum mobilisiert; der Umstände halber.
Fürchten Sie, dass dieses Jahr einen so gravierenden Einschnitt für die Demonstration bedeutet, dass diese zukünftig dauerhaft an Stärke verliert?
Fragen Sie mich das am kommenden Montag.
Ellen Brombacher ist Sprecherin der Kommunistischen Plattform der Partei Die Linke und im Bündnis zur Vorbereitung der LL-Demonstration aktiv.
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