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Aus: november 1918, Beilage der jW vom 15.11.2008

Mörderische Demokraten

Die offizielle Bundesrepublik schenkt der Novemberrevolution wenig Aufmerksamkeit. Der Grund: Erwähnen Sie bitte nicht Mord und Gewalt
Von Arnold Schölzel
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Die Anweisung Monty Pythons für den Umgang mit Deutschen ist plausibel: »Don’t mention the war – Nicht den Krieg erwähnen«. Das stammt noch aus Zeiten, als damit nur der Erste oder Zweite Weltkrieg gemeint sein konnten. Das hat sich geändert. Deutschland führt jetzt gemeinsam mit Grobritannien und anderen ­NATO-Mitgliedern Angriffskriege.

Geblieben ist: Auch über diese Feldzüge sprechen diejenigen, die sie beschlossen – von CDU/CSU über SPD bis FDP und Grünen – ziemlich ungern. Der Bruch der »Demokraten« mit Verfassungsgrundsätzen und Völkerrecht ist zu offensichtlich, die Ausübung von brutaler, massenmörderischer illegaler Gewalt ist ein Tabu der politischen Ordnung und ihrer ideologischen Instanzen.

Die deutsche Novemberrevolution von 1918 fällt unter dieses Schweigegebot. Ihr Ergebnis, die Republik von Weimar, kam durch ein verräterisches Bündnis von SPD-Führung und Reichswehr am zweiten Tag der Revolution zustande, das auf Bürgerkrieg zielte und durch das Abschlachten Tausender die Kontinuität deutscher imperialistischer Politik sicherte.

Wenn der Novemberrevolution hierzulande offiziell gedacht wird, dann wird diese Kontinuität gefeiert. So sagte die Historikerin Helga Grebing am 9. November 2008 zur Eröffnung einer Ausstellung zur Novemberrevolution im Berliner Reichstag: »Die Hauptverdienste der Sozialdemokratie waren: Kein Zerfall des Reiches, kein Bürgerkrieg, keine konservative Diktatur, sondern eine demokratische Republik, die erste auf deutschem Boden.«

Da gilt: Nicht die Erschlagenen und Ermordeten in Berlin, Bremen, Hamburg, München und anderswo erwähnen. Wer an die Verantwortung der SPD für die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht erinnert, wie z.B. die linke hessische Landtagsabgeordnete Janine Wissler im jW-Interview am 10. September, stehe – erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU in Wiesbaden, Axel Wintermeyer, »entgegen jeder geschichtlichen Wahrheit«.

Wer vom Grundgesetz spricht, sollte von deutschen Angriffskriegen seit 1999 nicht schweigen. Wer von der Novemberrevolution berichtet, von der planvoll in Gang gesetzten mörderischen Gewalt gegen Andersdenkende auch nicht. Sie ist daher ein Thema dieser Beilage.

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