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Aus: Ausgabe vom 24.09.2013, Seite 3 / Schwerpunkt

Die Kleinen – Splitter zur Wahl

Sie ist mit bescheidenen Zielen angetreten, Tunia Erler, Direktkandidatin der DKP in Berlin-Mitte. Die Kommunistin wollte den Linke-Genossen eine Alternative zum Direktkandidaten und Linke-Landesvorsitzenden Klaus Lederer, bieten (siehe jW vom 20. September). 260 Stimmen hat sie am Ende des Tages bekommen. Das sind mehr als bei der Konkurrenz von der MLPD (203) und BüSo (215). Selbst die Freien Wähler (239) hat sie hinter sich gelassen. »Es war immer klar, daß unser Ergebnis bescheiden sein würde«, heißt es in einer ersten Reaktion der DKP in Berlin-Mitte. Der erfolgreich geführte Wahlkampf ermutige für den Antritt bei den Europawahlen im kommenden Jahr, dann bundesweit als Liste.

Auch in drei Wahlkreisen in Brandenburg bewarben sich DKP-Genossen als Direktkandidaten: Brigitte Müller kam auf 292 Stimmen, Lothar Nätebusch auf 333 und Wilfried Klare auf 319. Im baden-württembergischen Aalen-Heidenheim machten 230 Wähler ihr Kreuzchen bei Johann Holzheu.

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Der frühere Bundesrichter Wolfgang Neškovic verfehlte klar sein Ziel, seinen Wahlkreis Cottbus-Spree-Neiße als Direktkandidat zu nehmen. Er kam als Einzelkandidat auf 9999 Stimmen (8,1 Prozent) der Erststimmen. Der neue Linke-Kandidat verlor mit 24681 Erststimmen (20 Prozent) rund zehn Prozent gegenüber 2009. Vor vier Jahren hatte Neškovic den Wahlkreis geholt. Jetzt ging er an den CDU-Politiker Klaus-Peter Schulze mit 44301 Stimmen (35,9 Prozent).

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Die bisherige parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Dagmar Enkelmann, hat ihren Wahlkreis Märkisch-Oderland/Barnim II knapp nicht verteidigen können. 2009 hatte sie ihn noch mit deutlichem Vorsprung gewonnen. Sie bekam 32,9 Prozent der Stimmen, 1,1 Prozentpunkte weniger als der siegreiche CDU-Kandidat. Enkelmann ist Chefin der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

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Der scheidende FDP-Vorsitzende und Wirtschaftsminister Philipp Rösler hat nicht nur seine Partei ins Tal der Tränen geführt. Bei seiner ersten Bundestagswahl als Direktkandidat hat er im Wahlkreis Hannover-Land nur 4503 Erststimmen (2,6 Prozent) bekommen. Zum Vergleich: Beim Linke-Mann Diether Dehm machten 6218 Wähler (3,6 Prozent) ihr Kreuz. Und auch die »Alternative für Deutschland« zog mit 5391 Stimmen mehr als der Liberalen-Chef. Der Wahlkreis selbst ging an den CDU-Mann Hendrik Hoppenstedt.

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Das einzige Direktmandat für Bündnis 90/Die Grünen holte Christian Ströbele im Wahlkreis 83 – Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost. Das Urgestein der Partei verlor zwar im Vergleich zu 2009 rund 6,8 Prozentpunkte, versammelte aber mit 66103 Stimmen (39,9 Prozent) immer noch die meisten Erststimmen. Die Linke landete hier mit 17,2 Prozent noch hinter der SPD (18,0 Prozent). Grünen-Parteichef Cem Özdemir scheiterte mit dem Versuch, auch in Baden-Württemberg ein Direktmandat zu holen.

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Zum FDP-Debakel merkte dpa am Montag an: Der Rauswurf der Liberalen aus dem Bundestag sei »fast so wie die Pleite eines kleinen mittelständischen Unternehmens«. Auf einen Schlag hätten 93 Bundestagsabgeordnete ihren Job verloren. Und weiter: »Jeder von ihnen hatte bisher etwa drei bis vier Mitarbeiter, einige mit befristeter Festanstellung, andere mit 400-Euro-Verträgen. Dazu kommen die Zuarbeiter in den Wahlkreisbüros der Politiker im ganzen Land. Nach Angaben der Fraktion könnten insgesamt etwa 500 bis 600 Beschäftigte vom Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde betroffen sein. Die Bundestagsfraktion selbst hatte bisher 120 feste Angestellte, deren Verträge Ende Oktober auslaufen. Viele hoffen, in anderen Fraktionen wie etwa bei der Union unterzukommen. Einige könnten auch in Ministerien zurückkehren.« Die Fraktion sei für die FDP eine »Herzkammer« gewesen. Noch 2012 habe sie nach den Rechenschaftsberichten mehr als fünf Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben – das ist mehr als die Fraktionen von Union, SPD, Linke und Grünen zusammen.

(rg)

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