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Aus: Ausgabe vom 07.09.2012, Seite 3 / Schwerpunkt

Für den Verzehr nicht geeignet oder notwendig

Bacillus thuringiensis ist ein Bakterium, das 1938 erstmals zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt wurde. Die von ihm produzierten kristallinen Proteine (Bt-Toxine) sind für verschiedenste Insektenarten giftig, nicht aber für Menschen und Säugetiere. Nach Übertragung der Bt-Gene auf Mais und Baumwolle produzieren diese Pflanzen Bt-Toxine – mit tödlicher Wirkung für saugende Insekten. Im Jahr 1997 wurde in den USA die Zulassung der Bt-Maissorte Starlink für den Verzehr durch Mensch und Tier beantragt. Die US-Umweltbehörde EPA erteilte 1998 eine Genehmigung als Tierfutter, nicht aber für den menschlichen Verzehr. Spätere Untersuchungen wiesen auf das Allergiepotential des in Starlink enthaltenen Bt-Toxins Cry9c hin. Der Skandal war perfekt als im Herbst 2000 Starlink in menschlichen Nahrungsmitteln gefunden wurde. Die US-Behörden riefen zahlreiche Lebensmittel aus den Regalen zurück, und die Firma Aventis suspendierte ihre Starlink-Registrierung.

Das Golden Rice-Projekt nimmt für sich in Anspruch, mit dem gentechnischen Einbau von ß-Karotin, einer Vorstufe von Vitamin A, die Folgen des Vitamin-A-Mangels zu bekämpfen. Dieser betrifft laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) insbesondere Kinder in 40 Ländern des Südens. In schweren Fällen kann der Mangel zu Erblindung oder sogar zum Tod führen. Im Jahr 1998 hatte die WHO zusammen mit anderen Partnern ein globales Programm zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels gestartet. Ohne Gentechnik gelang es, bislang den Tod von etwa 1,25 Millionen Kindern zu verhindern.

In dem im Januar veröffentlichen Bericht »Golden Lies, fragwürdige ›Golden-Rice‹-Projekte der Saatgutindustrie« analysierte Christoph Then die wahren Hintergründe des Projekts: seine Torpedo-Funktion gegen die vorgeschriebenen Sicherheitsprüfungen für gentechnisch veränderte Pflanzen. Der Nachweis einer ausreichenden Bioverfügbarkeit, d.h. ob überhaupt genügend Vitamin A im menschlichen Körper ankommt, war bis dahin nicht erbracht worden. Eine im August veröffentlichte Studie an chinesischen Schulkindern legt dies zwar nahe, aber die Beständigkeit des ß-Karotins in unter (sub)tropischen Bedingungen gelagertem Reis scheint nach wie vor zu fehlen. Ein wichtiger Punkt ist aber auch, daß mit »freien Lizenzen« (für gentechnische Patente) aus durchsichtigen Gründen ein »humanitäres Exempel« statuiert wurde, das mit den Regeln einer »freien Marktwirtschaft«, die zu den Grundfesten des Gentechnikgeschäfts gehört, nicht kompatibel ist.

(pcl)

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