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Aus: Ausgabe vom 20.12.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Öffentlichkeit im Militärgericht

Die Veranstalter der seit Freitag laufenden Anhörung vor dem Militärgericht in Fort Meade haben sich auf einen enormen Besucherandrang eingestellt. Ein Parkplatz groß wie ein Fußballfeld ist eingerichtet. Neben den für die Öffentlichkeit reservierten Sitzplätzen im Gerichtssaal steht ein Raum für 100 Personen bereit, in dem das Geschehen im Saal per Videowand verfolgt werden kann.

9.00 Uhr beginnt die Anhörung, Einlaß ist ab 7.00 Uhr. Denn es gibt akribische Sicherheitskontrollen, wie man sie von US-Flughäfen und aus politischen Prozessen in Sondergerichtsgebäuden in der BRD kennt. Wer diese geduldig durchlaufen hat, findet sich in einem Warteraum wieder, von dem aus man durch Militärpersonal in den Saal geleitet wird.

Der Herr des Verfahrens, Oberstleutnant Paul Almanza, verwendet zu Beginn geraume Zeit darauf, die Zuschauer auf »geziemendes Verhalten« einzustimmen. Mobiltelefone und Audiorekorder sind verboten. Auch die Vertreter der Presse müssen sich mit Stift und Papier begnügen. Störungen jeder Art seien strengstens verboten und würden mit sofortiger Entfernung aus dem Zuschauerraum geahndet.

Als sich Hauptverteidiger David Coombs während seiner Ausführungen den Zuschauern und nicht der Richterbank zuwendet, unterbricht ihn der Vorsitzende barsch und fragt: »Mr. Coombs, an wen wenden Sie sich?« Der Anwalt: »An die Öffentlichkeit; dieses Verfahren ist öffentlich!«

Auch vor den Toren des Militärgeländes ist sie versammelt, die Öffentlichkeit. Viele wurden vom »Bradley Manning Support Network« mobilisiert oder sind von der Occupy-Bewegung in Washington D.C. in Bussen angereist. »Freiheit für Bradley Manning« und »Ich bin Bradley Manning«, rufen sie. Und fordern von Barack Obama: »Mr. President, reißen Sie diese [Gefängnis-] Mauern ein!« Die Demonstranten finden die Art, wie »Whistleblower« Öffentlichkeit herstellen, wichtig als Korrektiv einer Staatsmacht, die Informationen über ihre imperialen Kriege geheimhalten will.

Die »freie Presse« der USA wird dem Bedürfnis nach »Öffentlichkeit« nicht gerecht: Nur neun Medienvertreter, davon zwei Gerichtszeichner, berichten über die Arbeit des Militärgerichts.

(jh)

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