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Aus: Ausgabe vom 27.08.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Reaktionen: Hektik in Berlin

In Berlin reagiert man hektisch auf die jüngsten Entwicklungen in Libyen. Der Kurs der Bundesregierung stehe noch nicht fest, erklärte am Freitag Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Es müßten einige grundsätzliche Fragen beantwortet werden, so der CDU-Politiker. Es sei noch zu früh, sich auf eine Strategie festzulegen. »Wir haben uns in der Libyen-Frage mindestens dreimal geirrt«, sagte de Maizière. Zunächst habe man Muammar Al-Ghaddafi unterschätzt. Während des Krieges habe man ihn dann überschätzt. Zuerst hätten einige mit einem langen Bürgerkrieg gerechnet. Kurz danach hätten die Rebellen schon Tripolis eingenommen. Einen Bundeswehreinsatz in Libyen hält er indes für unwahrscheinlich. »Ich gehe davon aus, daß die künftige libysche Regierung selbst für die Sicherheit im Land sorgen kann und dazu keine Hilfe von außen braucht«, sagte er dem Berliner Tagesspiegel.

Sein eigener Staatssekretär Christian Schmidt schloß einen »Stabilisierungseinsatz« der Bundeswehr in Libyen hingegen nicht aus. »Wenn die NATO gefordert ist, sind auch wir gefordert«, drängelte sich der CSU-Politiker in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor.

Ein Kollateralschaden des Libyen-Krieges könnte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) werden, der aus der eigenen Partei wieder unter Druck geraten ist. Nahezu täglich melde sich der Minister zu Wort und tue gerade so, als sei der Erfolg der Rebellen sein Verdienst, kritisieren etwa der frühere Innenminister Gerhart Baum und der ehemalige rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage. »Das ist der typische Westerwelle, der in seiner Selbstsicht keine Fehler macht«, heißt es. »Der ständige Verweis auf die von Deutschland unterstützten Sanktionen, die angeblich das Regime erschüttert haben, ist rechthaberisch, « wettern die Liberalen nachträglich gegen die deutsche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat und bedauern, daß sich Berlin nicht direkt an dem monatelangen Bombenkrieg mit Tausenden Toten beteiligt hat.

(Reuters/jW)

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