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Aus: Ausgabe vom 17.11.2009, Seite 13 / Feuilleton

Tolerante Preise

Vor bundesdeutscher Prominenz aus Politik und Wirtschaft mit Horst Köhler an der Spitze (das »Geistesleben« war durch Chefredakteure von Bild und Zeit sowie durch Manager von Spiegel-Verlag und Springer-Konzern repräsentiert), verlieh das Jüdische Museum Berlin am Sonnabend seinen Preis für Verständigung und Toleranz an die Bosch-Gruppe. Laudator war der frühere US-Außenminister Henry Kissinger. Er lobte Unternehmenskultur, soziale Verantwortung und gesellschaftliches Engagement sowie die Manager der Nachkriegszeit. Nach eigener Darstellung von Bosch war die Nazizeit für die Firma gekennzeichnet durch Anpassung an die NS-Herrschaft einerseits und durch Beteiligung der Führungsetage am Widerstand gegen das Regime anderseits. »Im Zuge des Facharbeitermangels durch den Krieg beschäftigte Bosch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter.« Produziert wurden elektrische Komponenten »nur« für Militärfahrzeuge.

Ob und wie die Firma Wiedergutmachung an die ausgebeuteten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen leistete oder leistet, wurde mit keiner Silbe erwähnt. Den Preis erhielt gleichzeitig der Filmemacher Michael Verhoeven für sein Werk. Gute Gelegenheit: Verhoeven rief die anwesenden Besserverdienenden auf, ein Memorial für die vergessenen jüdisch-deutschen Filmstudios in Berlin-Weißensee zu unterstützen. Mittelpunkt könne das Kino Toni sein. Das Projekt solle die verlorene jüdische Filmgeschichte zurückbringen. (ssch)

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