Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
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Aus: Ausgabe vom 18.09.2009, Seite 3 / Schwerpunkt

Online kompetent. Aber offline?

Hilflos agieren die Piraten gegenüber rechten Anbiederungs- und Unterwanderungsversuchen. So wurde der Geschichtsrevisionist Bodo Th. von der Piratenpartei in Rheinland-Pfalz zum Ersatzrichter gewählt und erhielt auch einen Platz auf der Landesliste, obwohl er den Holocaust ebenso wie die deutsche Kriegsschuld am Zweiten Weltkrieg in Frage gestellt hatte. Nach Bekanntwerden von Th.s »fragwürdigen Äußerungen zum Holocaust« (so der Parteivorstand) entbrannte in den Onlinediskussionsforen der Partei eine heftige Diskussion. Befürworter und Gegner einer »Meinungsfreiheit«, die auch Holocaustrelativierung und -leugnung umfaßte, hielten sich etwa die Waage. Schließlich wurde Th. vom Vorstand mit drei zu zwei Stimmen aller Parteiämter enthoben und ein Parteiausschlußverfahren eingeleitet. Im September tappte dann der stellvertretende Bundesvorsitzende Andreas Popp in das rechte Fettnäpfchen und gab der extrem rechten Wochenzeitung Junge Freiheit ein Interview. Nicht Popps Aussagen – von Rechtsextremen hatte er sich klar distanziert –, aber die Tatsache, daß sich der Repräsentant einer Bürgerrechtspartei als Aushängeschild der Ultrarechten benutzen ließ, stieß auf Kritik in den Foren der Partei. Er habe diese Zeitung nicht gekannt und erst nach dem Interview den Eintrag im Online-Lexikon Wikipedia gelesen, entschuldigte sich der Computer-Nerd dafür, »mit diesem seltsamen Blatt« gesprochen zu haben. Der Piraten-Bundesvorsitzende Jens Seipenbusch tadelte seinen Stellvertreter Popp als »nicht klug«. Dabei verschwieg der Piraten-Kapitän, daß er selbst einen Fragebogen der Jungen Freiheit ausgefüllt hatte, in dem er über Brasilien, Frank Zappa und den Urknall plauderte. Genüßlich präsentierte die Junge Freiheit den Fragebogen am Mittwoch dieser Woche auf ihrer Website.

Zwar hat die große Mehrheit der Mitglieder der Piratenpartei mit rechtsextremem Gedankengut nichts am Hut. Doch da hier Meinungsfreiheit völlig losgelöst von realen politischen Entwicklungen gesehen wird, haben die Piraten eine offene Flanke nach Rechtsaußen. Oder – um es mit den Worten des IT-Portals Golem.de auszudrücken: Möglicherweise fehlt der Piratenpartei die »Offline-Kompetenz«. (pw)

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