junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Montag, 29. April 2024, Nr. 100
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!

Leserbriefe

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bitte beachten Sie, dass Leserbriefe keine redaktionelle Meinungsäußerung darstellen. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zur Veröffentlichung auszuwählen und zu kürzen. Leserbriefe sollten eine Länge von 2000 Zeichen (etwa 390 Wörter) nicht überschreiten. Kürzere Briefe haben größere Chancen, veröffentlicht zu werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass sich Leserbriefe mit konkreten Inhalten der Zeitung auseinandersetzen sollten. Ein Hinweis auf den Anlass Ihres Briefes sollte am Anfang vermerkt sein (Schlagzeile und Erscheinungsdatum des betreffenden Artikels bzw. Interviews). Online finden Sie unter jedem Artikel einen Link »Leserbrief schreiben«.

Leserbrief zum Artikel Roman »Esra« bleibt verboten vom 13.10.2007:

Staatliches Kunst-Korsett

Wegen der zunehmenden Terrorismusgefahr kam erst der Überwachungsstaat, für den die Verletzung der Persönlichkeitsrechte kaum noch eine Rolle spielt. Jetzt maßt der Staat sich an, im Bereich der Kunst die "Persönlichkeitsrechte" einzelner unbedingt wahren zu müssen, auch wenn überhaupt keine Namen genannt werden. Wenn das kein Widerspruch ist und ein Messen mit zweierlei Maß?
Thomas Bernard, der Schmäh-Literat der "besseren" Wiener Gesellschaft, den man mit Prozessen überzogen hat wegen vermeintlicher Verunglimpfung der Persönlichkeitsrechte einzelner, meinte jedesmal lakonisch: Die hätten sich selbst geoutet. Schließlich habe er keine Namen genannt. Wenn die sich aber selbst in den dargestellten Figuren wiedererkannt hätten und sich mitsamt ihren Namen in die Öffentlichkeit zerrten, dann hätten sie das selbst zu verantworten. Die Prozesse wurden dann jeweils niedergeschlagen und Thomas Bernard durfte weiterhin die Freiheit der Kunst genießen.
Ich selbst war auch einmal erkennbare Protagonistin in einer Geschichte, die von einem von mir abgeblitzten Möchtegern-Liebhaber geschrieben worden war; es ist bereits lange Jahre her. Was habe ich gemacht? Ich habe mich an Thomas Bernard erinnert und mir gesagt, soll der abgeblitzte Möchtegern-Liebhaber doch schreiben, was er will. Den Gefallen tue ich ihm nicht, dass ich mich selbst zusätzlich zu erkennen gebe, seine Publicity erhöhe und die Phantasien der Leser zu meiner Person auch noch anheize.
Charlotte Ullmann
Weitere Leserbriefe zu diesem Artikel:
  • Unverständlich

    Warum regen sich Menschen darüber auf, dass die Realität in den Romanen vorkommt? Jeder Autor verarbeitet seine Umgebung und seine Erlebnisse in seinen Romanen. Das ist nicht erst seit dem Roman "Esra...
    Mehmet Sabih