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Leserbrief zum Artikel Linkspartei: Vergiftete Solidarität vom 04.02.2021:

Ekelhaft

Der Auffassung von der »klassischen politischen Verteidigungsrede im Stil von Revolutionären des 19. und frühen 20. Jahrhunderts«, die Alexej Nawalny gehalten haben soll, setze ich die Lektüre von »Freisprüche – Revolutionäre vor Gericht«, herausgegeben von Hans Magnus Enzensberger aus dem Jahr 1973, entgegen. Darin äußern sich fünfundzwanzig Revolutionäre »zu ihren Prozessen, als Angeklagte und als Ankläger, meist in der Form eines Schlussworts. Die Staatsanwälte breiten eine reiche Auswahl von Tatbeständen aus, vom Vergehen gegen die Zensurbestimmungen bis zum Hochverrat, von der Zusammenrottung bis zum Mord, von der Brandstiftung bis zum bewaffneten Umsturz. Die Wahrheit aber ist, dass die Handlungen der Angeklagten mit keinem Strafgesetzbuch der Welt zu fassen sind. Nur gescheiterten Revolutionen ist mit der politischen Justiz zu begegnen. Die Urteile gegen die Autoren dieses Bandes reichen vom Freispruch bis zum Tod durch Erhängen; aber ihre Rechtskraft währt nur solange wie die Macht der herrschenden Klasse, die sie gefällt hat. Der Titel des Buches nimmt ihre Revision vorweg. Es steckt als Zitat in dem berühmten Schlusssatz aus Fidel Castros Verteidigungsrede vor dem Standgericht zu Santiago de Cuba: ›Verurteilen Sie mich, meine Herren; darauf kommt es nicht an. Die Geschichte wird mich freisprechen.‹ Die Auswahl beginnt mit Babeuf und endet mit Kurón und Modzelewski, zwei jungen Polen. Die beiden Grenzfälle des Buches signalisieren den Eintritt der bürgerlichen wie den der sozialistischen Revolution in eine reaktionäre Phase. Das Buch handelt also im wesentlichen vom revolutionären Kampf gegen die Bourgeoisie. Ein besonderer Platz wird den Führern der Befreiungsbewegungen in der ›dritten Welt‹ eingeräumt.« Dagegen stehen die Ausführungen des Reaktionärs Nawalny noch unterhalb des »Merkelchen«-Niveaus. So sagte er: »Wir haben bewiesen und gezeigt, dass es Putin war, der mit Hilfe des FSB dieses Attentat verübt hat. Und ich war nicht der einzige. Und das ist es, was diesen kleinen diebischen Mann in diesem Bunker verrückt macht. Die Tatsache, dass alles der Öffentlichkeit zugänglich ist.« Und an anderer Stelle seiner – von der Richterin nicht unterbrochenen – Rede: »Alle haben sich davon überzeugt, dass er nur ein Bürokrat ist, der zufällig auf diesen Präsidentenposten berufen wurde und weder an den Debatten noch an den Wahlen teilgenommen hat. Mord ist der einzige Weg, wie er kämpfen kann. Und egal, wie sehr er versucht, sich als großer Geopolitiker, als großer Weltführer darzustellen, sein größter Groll gegen mich ist jetzt, dass er als Giftmischer in die Geschichte eingehen wird. Es gab Alexander den Befreier oder Jaroslaw den Weisen, aber jetzt werden wir Wladimir den Giftmischer der Unterhose haben.« Einfach nur ekelhaft.
Joachim Schulz-Bitsch, Trendelburg
Veröffentlicht in der jungen Welt am 05.02.2021.
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