Leserbrief zum Artikel Porträt: Gegenddarstellung: Spahn gegen jW
vom 12.09.2020:
Berechtigte Fragen
Demokratie und Freiheit vor sich her tragen, unangenehme Wahrheiten wegklagen: Es ist keine neue Methode kritische Stimmen mundtot zu machen. Dumm genug ist sie allemal, weil sie besser nicht deutlich machen könnte, was die »Demokraten« von ihrer eignen Demokratie wirklich halten. Demokratie für wen eben, wie Lenin noch heute aktueller die Frage nicht stellen könnte. Die berühmt-dümmliche Neiddiskussion muss ebenfalls als Vorwurf erhoben werden. Wer sollte noch Neid empfinden, wenn die einen Millionen für ihr Wohnen locker haben und andere monatlich bangen, die Miete noch zahlen zu können. Von Wohnungslosen im Lande der Menschenrechte gar nicht zu reden, denen am 11. September ein Gedenktag galt. Hohn und Zynismus, oder? Anderes als Neid ist auf Ebenen des Geldadels der Leistungsträger nicht zu verstehen. Menschen, denen es schlicht und einfach um menschenwürdiges, bezahlbares Wohnen geht, entziehen sich dem Empfinden. Wut und Unverständnis dürften legitim sein, wo die beleidigten Kläger schwerlich uns erklären können, wie ihr verdientes Einkommen verdient ist, womit und wodurch, gerechtfertigt mit welchen Leistungen. Es hat mit Neid nichts zu tun in einer Gesellschaft, die den Menschen vor allem an seinem Vermögen misst, wenn nicht weniger fleißig, hart arbeitende Menschen entsprechende Fragen stellen. Es ist weit mehr als Neid, wenn es denn um Leistungsträger geht, die sich einiges leisten können, aber den vielen Tausenden Beschäftigten in Gesundheit und Pflege nicht mehr als Hungerlöhne zugestehen wollen. Lügen und Verschweigen führen selten zur Klage, manche Wahrheit schnell zu juristischer Frage.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 15.09.2020.