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Leserbrief zum Artikel Opposition in der Coronakrise: Wohin treibt Die Linke? vom 19.05.2020:

Kleine Schritte

Sehr geehrter Herr Gleiss, wenn ich als links tickender Normalbürger Ihren Kommentar »Wohin treibt Die Linke?« in der jungen Welt lese, kann ich mich über die Frage, warum Die Linke nicht in die Kerbe der offen geäußerten Systemkritik haue und mit einem sozialistischen Aktionsprogramm antworte, nur wundern. Denn die Antwort darauf, warum sie das nicht tut, liegt doch auf der Hand: Kaum jemand in diesem Land will Sozialismus. Der Begriff ist – ebenso wie das Wort »Genosse« – vollkommen desavouiert, ein No-Go für den Kern der Bevölkerung. Sobald dieses Wort fällt, gehen überall die Klappen runter. Dann wird mitleidig gelächelt, sich umgedreht, und das Gespräch ist beendet. Die politische Entwicklung zeigt doch zudem, dass sich größere Teile der Bevölkerung eher nach rechts als nach links orientieren (die Zuwächse der Grünen sprechen nicht dagegen). Wenn Revolution, dann wohl von rechts statt von links. Wie schon 1933. Da haben sich die Menschen auch lieber den Faschisten als den Kommunisten zugewandt, trotz größten Elends und unübersehbarer kapitalistischer Systemkrise. Mag sein, dass Sozialisten recht haben mit dem, was sie wollen. Aber was heißt das schon. Recht haben und Recht bekommen sind zwei Paar Schuhe. Ohne Taktik und Opportunismus kein Erfolg. Ohne Erfolg kein Einfluss, ohne Einfluss keine Gestaltungsmöglichkeiten, ohne Gestaltungsmöglichkeiten nichts als Donquichotterie. Dass Ihre Vorstandsvorsitzenden nicht mit einem sozialistischen Gegenprogramm auftrumpfen, würde ich für politisch klug halten, denn es zeigt, dass sie lieber in kleinen und kleinsten Schritten zusammen mit vielversprechenden Partnern wie den Grünen mitgestalten wollen, als rechthaberisch, besserwisserisch und prophetisch den Rufer in der Wüste zu spielen, der von allen ignoriert wird.
Jürgen Harms
Veröffentlicht in der jungen Welt am 23.05.2020.
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