Leserbrief zum Artikel Kampagne gegen Linkspartei: Brutale Phantasie
vom 06.03.2020:
Von den Klassikern lernen
Vermeintliche brutale Revolutions-Phantasie: Linken-Politikerin will das eine Prozent der Reichen erschießen
Wie hätte die Teilnehmerin der Strategiekonferenz der Linken politisch korrekt formulieren müssen, um dem Shitstorm der Heuchler, aber auch der deutlichen Distanzierung aus den eignen Reihen und dem deutschen Philister zu entgehen? Vielleicht so:
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass eine Energiewende hier und heute begonnen werden muss. Wir können sie nicht auf einen Zeitpunkt nach einer sozialen Revolution verschieben. Und an die Adresse derjenigen, die meinen, dass eine wirkliche Energiewende erst mit der Aufhebung des Privateigentums durch eine soziale Revolution stattfinden könne, sei gesagt, dass das Problem der Energiewende auch dann bestehen bleibt, wenn das eine Prozent der Reichen von Euch erschossen wurde.
Ulla Jelpke reagierte als einzige prominente Linke mit der Gelassenheit, die man auch anderen Führungskräften der Partei wünschte:
»In einer überspitzten Äußerung eine Genossin, die sich so über Revolutionsphantasien einiger Linker lustig machen wollte, kann ich keinen Erschießungsskandal erkennen.«
Die Linksjugend sekundierte: Im Gegensatz zur EU schießen wir auf niemand.
Was sollte grundsätzlich dazu gesagt werden?
1. Linke, die auf dem Boden des Marxismus stehen, lehnen individuellen Terror ab. In der Partei Die Linke gibt es keine Plattform oder Strömung, die im Ansatz individuellen Terror das Wort redet. Die Mainstreammedien und führende Politiker anderer bürgerlicher Parteien glauben in dieser missglückten Äußerung den Beweis entdeckt zu haben, dass Linke niemals von der Gewalt, von Mord, Klassenmord usw. lassen können. Die Linke ist schlecht beraten, über dieses Stöckchen zu springen, welches ihr immer wieder hingehalten werden wird.
2. In der DDR und SED wurde aus praktischer und theoretischer Überzeugung individueller Terror als Mittel der proletarischen Revolution entschieden abgelehnt. DDR und SED haben auch nicht die Aktionen der RAF unterstützt. RAF-Terroristen wurden erst dann Aufnahme in die DDR gewährt, als sie sich vom individuellen Terrorismus distanzierten und glaubhaft versicherten, diesen in keiner Weise mehr zu fördern und ein bürgerliches, straffreies Leben zu führen.
3. Der Linken hilft es auch nicht, wenn sich Prominente von einer sozialen Revolution, ob mit oder ohne Gewalt, kategorisch verabschieden. Die Linke sollte es mit Engels halten: »An die Stelle des absterbenden Wirklichen tritt eine neue, lebensfähige Wirklichkeit – friedlich, wenn das Alte verständig genug ist, ohne Sträuben mit dem Tode abzugehen, gewaltsam, wenn es sich gegen die Notwendigkeit sperrt« (MEW Bd. 21, S. 266).
Es liegt also ganz bei den Herrschenden, ob die unweigerlich kommende soziale Revolution mit oder ohne Gewalt abgehen wird. Mithin können sowohl die Herrschenden als auch die Beherrschten von den Klassikern lernen.
Wie hätte die Teilnehmerin der Strategiekonferenz der Linken politisch korrekt formulieren müssen, um dem Shitstorm der Heuchler, aber auch der deutlichen Distanzierung aus den eignen Reihen und dem deutschen Philister zu entgehen? Vielleicht so:
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass eine Energiewende hier und heute begonnen werden muss. Wir können sie nicht auf einen Zeitpunkt nach einer sozialen Revolution verschieben. Und an die Adresse derjenigen, die meinen, dass eine wirkliche Energiewende erst mit der Aufhebung des Privateigentums durch eine soziale Revolution stattfinden könne, sei gesagt, dass das Problem der Energiewende auch dann bestehen bleibt, wenn das eine Prozent der Reichen von Euch erschossen wurde.
Ulla Jelpke reagierte als einzige prominente Linke mit der Gelassenheit, die man auch anderen Führungskräften der Partei wünschte:
»In einer überspitzten Äußerung eine Genossin, die sich so über Revolutionsphantasien einiger Linker lustig machen wollte, kann ich keinen Erschießungsskandal erkennen.«
Die Linksjugend sekundierte: Im Gegensatz zur EU schießen wir auf niemand.
Was sollte grundsätzlich dazu gesagt werden?
1. Linke, die auf dem Boden des Marxismus stehen, lehnen individuellen Terror ab. In der Partei Die Linke gibt es keine Plattform oder Strömung, die im Ansatz individuellen Terror das Wort redet. Die Mainstreammedien und führende Politiker anderer bürgerlicher Parteien glauben in dieser missglückten Äußerung den Beweis entdeckt zu haben, dass Linke niemals von der Gewalt, von Mord, Klassenmord usw. lassen können. Die Linke ist schlecht beraten, über dieses Stöckchen zu springen, welches ihr immer wieder hingehalten werden wird.
2. In der DDR und SED wurde aus praktischer und theoretischer Überzeugung individueller Terror als Mittel der proletarischen Revolution entschieden abgelehnt. DDR und SED haben auch nicht die Aktionen der RAF unterstützt. RAF-Terroristen wurden erst dann Aufnahme in die DDR gewährt, als sie sich vom individuellen Terrorismus distanzierten und glaubhaft versicherten, diesen in keiner Weise mehr zu fördern und ein bürgerliches, straffreies Leben zu führen.
3. Der Linken hilft es auch nicht, wenn sich Prominente von einer sozialen Revolution, ob mit oder ohne Gewalt, kategorisch verabschieden. Die Linke sollte es mit Engels halten: »An die Stelle des absterbenden Wirklichen tritt eine neue, lebensfähige Wirklichkeit – friedlich, wenn das Alte verständig genug ist, ohne Sträuben mit dem Tode abzugehen, gewaltsam, wenn es sich gegen die Notwendigkeit sperrt« (MEW Bd. 21, S. 266).
Es liegt also ganz bei den Herrschenden, ob die unweigerlich kommende soziale Revolution mit oder ohne Gewalt abgehen wird. Mithin können sowohl die Herrschenden als auch die Beherrschten von den Klassikern lernen.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 10.03.2020.