Leserbrief zum Artikel Aus Leserbriefen an die Redaktion
vom 15.10.2018:
Schlechter Witz
Harald Möllers Argument der Durchleuchtung, dass bei Planwirtschaft Konsumentenbedürfnisse erfasst werden müssten, um planen zu können, ist im Zeitalter von Google und Ebay und Payback und Computerkassen ein schlechter Witz. Wir Konsumenten werden bei jedem Einkauf überwacht. Nur gelangen diese Daten nicht in die Hände einer sozialistischen Planung und Leitung der Produktion, sondern sie werden von profitgierigen Kapitalisten für personalisierte Werbung missbraucht, um überflüssige umweltschädliche ressourcenverschwendende Produkte mit falschen Versprechungen verkaufen zu können, um dann damit Profit zu machen. Mag sein, dass »Bürokraten« nicht immer wussten, was die Bevölkerung benötigt. Aber Kapitalisten wissen es wohl auch nicht. Oder meint Harald Möller wirklich, die Bevölkerung braucht Gammelfleisch aus Massentierhaltung, genmanipulierte Nahrung, Wegwerfprodukte mit geplanter Obsoleszenz, Kraftfahrzeuge mit »Schummelsoftware« oder gar Kampfdrohnen und Massenvernichtungswaffen? Kapitalisten ignorieren die Bedürfnisse der Bevölkerung, weil sie nur für ihren Profit produzieren.
Kommentar jW:
Zu diesem Brief gibt es eine Antwort:
Aber waren oder sind sozialistische Länder viel besser als kapitalistische? Wenn ich mir vor Augen führe, dass Venezuela fast ausschließlich vom Ölexport lebt. Einem Rohstoff, dem nicht gerade viel Umweltfreundlichkeit zugeschrieben wird. Oder die Sowjetunion, deren Produktionsschwerpunkt auf der Schwerindustrie lag. Oder die DDR mit ihrem Braunkohleabbau. Alles keine kapitalistischen Länder, und trotzdem leg(t)en diese kein umweltfreundliches Gebaren an den Tag. Zudem: Diese ganzen aufgezahlten Missstände. Schön und gut; aber ist dieses Fehlverhalten nicht auch im Sozialismus möglich? Ich denke schon, allerdings: Würde es dort auch aufgedeckt? Da bin ich skeptisch. Menschliches Fehlverhalten ist systemunabhängig; entscheidend ist, ob es früher oder später ans Tageslicht kommt und entsprechend sanktioniert wird. Massenvernichtungswaffen, im übrigen, gab es auch im Sozialismus. Gerade Linke beklagen die Datensammlung von diversen Großkonzernen. Warum sollen Datensammlungen des Staates zum Planen von Produktionsabläufen dann besser sein? Auch diese können im Zweifelsfall vom Staat zur Überwachung genutzt werden.
Man treibt quasi den Teufel mit dem Beelzebub aus. Ehrlich gesagt: Mir sind Unternehmen, die »nur mein Geld« wollen lieben als ein Staat, der mich zum gläsernen Menschen macht.
Harald Möller