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20.02.2008, 00:21:08 / Buchmesse Havanna 2008

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Von Harald Neuber
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Globalisierung heißt Terror: das US-Lager Guantánamo auf Kuba

Kapitalistische Restauration ist alles: Wie sich die Friedrich-Ebert-Stiftung auf der Buchmesse in Havanna aufführt
Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Kuba haben ihren Tiefpunkt überwunden. Nachdem Brüssel – damals noch auf Drängen des spanischen Postfaschisten José María Aznar – Anfang 2003 Sanktionen gegen den Karibikstaat verhängt hatte, sind die Kontakte inzwischen wieder weitgehend hergestellt. Das merkt man auch auf der Internationalen Buchmesse in Havanna. Erstmals seit vier Jahren sind hier wieder die Messe- und Ausstellungs GmbH des Börsenvereins des deutsches Buchhandels, die die Frankfurter Buchmesse veranstaltet, und das Auswärtige Amt neuerlich vertreten. Die Rückkehr der EU läßt neue Spannungen mit der kubanischen Regierung erwarten. Einen Vorgeschmack gab eine Veranstaltung am Sonntag auf der Messe. Die internationale Zeitschrift der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) Nueva Sociedad (Neue Gesellschaft) hatten zur Debatte über »Soziale Gleichheit in Lateinamerika in Zeiten der Globalisierung« eingeladen.


Globalisierung, so hieß es auf dem Podium unisono, sei nicht schlecht, sie müsse nur richtig umgesetzt werden. Der Wirtschaftswissenschaftler Luiz Carlos Bresser-Pereira, der früher als Planungsminister im Kabinett des brasilianischen Präsidenten Fernando Henrique Cardoso tätig war, vertrat die Ansicht: »Die Ablehnung der Globalisierung durch die Linke ist widersinnig, weil dieser Prozeß nicht umkehrbar ist«. Es ginge vielmehr darum, die Vorteile der Globalisierung zu nutzen. Ähnlich äußerte sich der ehemalige chilenische Minister und amtierende Botschafter seines Landes in Argentinien, Luis Maira. Die Concertación – eine Art dauerhafte große Koalition, die Chile seit 1990 beherrscht – habe die Armut erfolgreich bekämpft. So habe sie unter Salvador Allende Anfang der siebziger Jahre bei 17 Prozent gelegen, bei Pinochets Abtritt 1990 jedoch 42 Prozent betragen. »Heute verzeichnen wir 13,2 Prozent«, betonte Maira. Doch »die soziale Ungleichheit ist so groß wie nach Ende der Diktatur«, gestand er. Daran müsse man »arbeiten«. Gegen Maira wird übrigens in Buenos Aires wegen Autoschmuggels in großen Stil ermittelt.

Die Quintessenz sozialdemokratischer Realpolitik formulierte auf der Messeveranstaltung der Brasilianer Bresser-Pereira. Kubas »große Ungleichheit« sei nur durch eine »Eingliederung in das internationale Wettbewerbssystem« zu lösen. Die US-Blockade und Washingtons Forderung nach einem Systemwechsel fand mit keinem Wort Erwähnung.

Für Kuba fordern die Sozialdemokraten die kapitalistische Restauration. Andere Kräfte des bundesrepublikanischen Establishments agieren moderater, zum Beispiel die CSU-nahe Hans-Seidel-Stiftung. Das war auch Ende November deutlich geworden, als das kubanische Zentrum für Europäische Studien (CEE) zu einer Konferenz in Havanna geladen hatte, um hinter verschlossenen Türen Klartext zu reden. Nach teils heftigen Wortgefechten mit anwesenden EU-Kritikern monierten die Vertreter der SPD-nahen Stiftung vor allem die pragmatischere Linie der Hans-Seidel-Stiftung. Die Konferenz bezeichneten sie als »von vorne bis hinten gesteuert«, berichtete ein Teilnehmer. Die FES-Vertreter glaubten anschließend, sie könnten anders als die Kollegen von der Seidel-Stiftung »erhobenen Hauptes« zurückkehren, weil man die »Lügen der Kubaner« nicht mitgetragen habe.

Ungeachtet solcher ideologischer Differenzen hat sich in der EU gegenüber Kuba eine handlungsbezogene Linie durchgesetzt. Ende vergangenen Jahres hatte eine Delegation unter Leitung des Karibik-Verantwortlichen der EU-Kommission, John Caloghirou, erstmals seit 2003 direkte Gespräche mit kubanischen Regierungsvertretern geführt. Nun soll der EU-Entwicklungskommissar Louis Michel den Dialog fortführen.

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