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13.03.2018, 05:41:43 / #wsf2018

Signal aus dem Süden

Werkstatt für Theorie und Praxis der Befreiung: In Brasilien beginnt das 14. Weltsozialforum
Von Peter Steiniger, Salvador da Bahia
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Rechte einfordern: Die brasilianische Bewegung der Landarbeiter ohne Boden (MST) wird sich auch auf dem Weltsozialforum bemerkbar machen

»Widerstehen heißt gestalten, widerstehen heißt verändern«: Bleibt eine andere, nicht vom Profitstreben einer kleinen Elite dominierte Welt weiter möglich? Ein riesiger Workshop im Nordosten Brasiliens möchte es herausfinden. Von heute an bis zum 17. März treffen sich in Salvador, der Hauptstadt des Bundesstaates Bahia, Zehntausende Aktivisten und Vertreter von sozialen Bewegungen, linken Parteien und Nichtregierungsorganisationen aus etwa 120 Ländern zum Weltsozialforum (WSF). Menschen aus einem breiten Spektrum politischer Tendenzen und Weltanschauungen werden sich in der afrobrasilianischen Metropole austauschen.

Bereits seit Sonntag strömen Teilnehmer, die aus dem ganzen Land oder von noch weiter her nach Salvador angereist sind, zu Bahias Messegelände, um auf dem »Intercontinentalen Campingplatz der Jugend«, der dort eingerichtet wurde, ihre Zelte aufzuschlagen. Zum Auftakt wird es laut: Am Nachmittag (Ortszeit) startet das Weltsozialforum mit einer von Trommelklängen begleiteten Großdemonstration durch Salvador. Die Organisationen der Landlosen und der Favelabewohner, antirassistische Initiativen, Frauengruppen, Umweltverbände und Gewerkschaften haben dazu mit aufgerufen.

Das WSF dient dem Austausch von Erfahrungen, der Entwicklung von Alternativen, von internationaler Zusammenarbeit und Solidarität: Sein Programm setzt sich aus Hunderten Seminaren, Arbeitstreffen und Konferenzen zusammen, welche die teilnehmenden Organisationen – oft kooperieren dabei mehrere Partner – während der fünf Tage dort autonom durchführen. Abgerundet wird es durch vielfältige kulturelle Veranstaltungen. Hauptort des Festivals ist der Campus der staatlichen Universität Ufba im südlichen Viertel Ondina, doch das WSF wird sich in der ganzen Stadt mit Aktivitäten bemerkbar machen. Entlang mehrerer thematischer Achsen geht es dabei etwa um Arbeitsrechte, den Klimawandel, den Kampf gegen Privatisierungen, die Lage der indigenen Völker, Rassismus, sexuelle Selbstbestimmung und Frauenrechte. Feministische Perspektive beitragen wird am 16. März auch die »Weltversammlung der Frauen«.

Aus etlichen Ländern hat sich politische Prominenz angesagt, darunter ist gleich eine ganze Reihe früherer Staatschefs. Auch Brasiliens Dilma Rousseff, 2016 vom Kongress des Amtes beraubt, hat zugesagt. Ihr Vorgänger, Luiz Inácio Lula da Silva, kommt ebenfalls nach Salvador. Dem Kandidaten der Arbeiterpartei PT für die Präsidentschaftswahlen im Herbst droht nach einem Skandalurteil langjährige Haft und der Entzug der politischen Rechte. Das Weltsozialforum in Bahia wird deutlich im Zeichen der Solidarität mit Lula stehen.

Die Geschichte des Forums reicht bis ins Jahr 2001 zurück, seine Anfänge – gegründet wurde es im südbrasilianischen Porto Alegre – waren eng mit dem damaligen Aufbruch Lateinamerikas in eine linke Ära verknüpft. Auch diese ist heute Geschichte. Nicht nur in Brasilien selbst führt wieder das »Herrenhaus« das Zepter, wächst die Ungleichheit weiter, nehmen Unterdrückung und Diskriminierung zu. Kriege um Ressourcen und deren rücksichtslose Ausbeutung machen Alternativen zur neoliberalen Globalisierung immer dringlicher und zu einer Überlebensfrage der Menschheit. Um so wichtiger wäre ein starkes Signal ihrer Fortschrittskräfte aus Salvador.

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