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Aus: rosa-luxemburg-konferenz 2012, Beilage der jW vom 01.02.2012

… die ganze Bäckerei

»Wir verändern die Welt«: Die XVII. Rosa-Luxemburg-Konferenz hatte wieder eine enorme Resonanz – und konnte erstmals auch via Internet besucht werden
Von Rüdiger Göbel
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Na also, geht doch. Ein 24stündiger Generalstreik in Belgien, der erste nach 20 Jahren, hat zu Wochenbeginn den EU-Gipfel aus dem Takt gebracht. Die drei wichtigsten belgischen Gewerkschaften hatten zu dem Ausstand aufgerufen, um gegen die EU-oktroyierten Einsparungen zu protestieren. Vor dem Gebäude des Europäischen Rats in Brüssel forderten Demonstranten einen »Solidaritätspakt« statt des geplanten Fiskalpakts. Die Flughäfen des Landes waren dicht, die Staats- und Regierunschefs aus den EU-Mitgliedsstaaten mußten auf Militärstützpunkte ausweichen. Welche Symbolik in Krise! »Wat nu?« fragte da die Zeitung De Morgen. Antworten auf die Krise des Kapitalismus gab’s von Seiten der Staatenlenker keine. Welche auch?

Hierzulande sind Kapitalismuskritiker, so sie in der »falschen« Partei organisiert sind oder in der »falschen« Zeitung publizieren, ein Fall für die Geheimdienste. Was zu Jahresbeginn über die Bespitzung von Abgeordneten der Partei Die Linke bekannt wurde, ist allerdings bestenfalls die Spitze des Eisbergs – nicht zuletzt 40 Jahre Berufsverbote lassen grüßen. Zum Haareraufen ist da das Lamento, mit den »Ostreformern« würden die »falschen« beobachtet, »Westfundis« würden dagegen auf der Liste fehlen ... Teile und herrsche, eben, nichts neues im Westen. Nur die Dummen und Naiven glauben, das Ausmaß der ganzen Spitzelei wäre auf den Tisch gelegt worden. Es wird ja, wie im Hause Wulff, immer nur zugegeben, was nicht mehr zu bestreiten ist.

Und weil in Frankreich demnächst Wahlen sind, ordnet Präsident Nicolas Sarkozy im Alleingang kurzerhand eine (kleine) Finanztransaktionssteuer und den Truppenabzug aus Afghanistan an. Geht doch. Darf nach der Wahl nur von niemandem vergessen werden.

Gegen Kapitalismus und Krieg – das war auch in diesem Jahr die zentrale Grundausrichtung der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Die 17. in Folge, die von junge Welt und Partnern organisiert wurde. Gut 1800 Interessierte hatten am 14. Januar den Weg in die Berliner Urania gefunden. Erstmals war der politische Jahresauftakt der Linken auch im Internet zu verfolgen, per Online-Ticker und am Abend via Livestream. Sami Ben Ghazi von der kommunistischen Jugend Tunesiens berichtete vom Aufbruch in Arabien, Geraldo Gasparin vom beeindruckenden Kampf der Landlosenbewegung Brasiliens. Agostinho Lopes (KP Portugal) skizzierte die Manipulationsanstrengungen der Bourgeoisie und führte aus, warum die EU keine Perspektive ist. Last, not least, galt es einen Zwischenerfolg zu feiern: Mumia Abu-Jamal sitzt nicht mehr in der Todeszelle!

Wir verändern die Welt eben, oder wie es »Kleingeldprinzessin« Dota Kehr auf dem von junge Welt mitorganisierten »Farewell«-Konzert für Franz Josef Degenhardt im Dezember formuliert hatte: »Wir wollen nicht ein Stück vom Kuchen, wir wollen die ganze Bäckerei.« – Nach diesem Satz fahndet übrigens Extremismusministerin Kristina Schröder (CDU) in einer eigenen Broschüre.

Vernünftige Literatur legt junge Welt vor. Pünktlich zur Buchmesse in Leipzig im März soll es wieder eine Kompilation aller Referate, der kompletten Podiumsdiskussion und weiteren zentralen Debattenbeiträgen der Rosa-Luxemburg-Konferenz 2012 geben. Bestellen können Sie die Dokumentation schon jetzt: www.rosa-luxemburg-konferenz.de

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Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

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