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Aus: erster mai, Beilage der jW vom 29.04.2008

Auf die Straße

Nach jahrelangem Lohnabbau: Zeit für eine gewerkschaftliche Offensive
Von Daniel Behruzi
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Die Herrschenden und wirtschaftlich Mächtigen liefern täglich neue Gründe dafür, am 1. Mai – und nicht nur dann – auf die Straße zu gehen. Zum Beispiel Metro: Der Einzelhandelskonzern steigerte seinen Gewinn im vergangenen Jahr auf satte 2,1 Milliarden Euro. Damit es noch mehr wird, sollen die Verkäuferinnen abends, nachts und an Wochenenden zuschlagsfrei arbeiten. Diese wehren sich seit rund einem Jahr mit erstaunlicher Ausdauer. Weiteres Beispiel: BMW. Der Autobauer verbuchte 2007 einen Gewinn nach Steuern von mehr als 3,1 Milliarden Euro. Um die Umsatzrendite bis 2012 auf acht bis zwölf Prozent anzuheben – derzeit sind es »nur« 6,4 Prozent – sollen mehr als 8000 Menschen ihren Job verlieren, der größte Teil von ihnen Leiharbeiter.

Höchste Zeit also, den Widerstand in den Betrieben und auf der Straße zu verstärken. Doch auch wenn die Gewerkschaften den Verfall der Reallöhne mit Tarifabschlüssen in der Stahl- und Chemieindustrie sowie im öffentlichen Dienst zuletzt ein wenig abbremsen konnten – die Krise der Beschäftigtenorganisationen ist damit keineswegs überwunden. Die Mitgliederverluste gehen, wenn auch verlangsamt, weiter. In diversen Branchen, wie der ostdeutschen Bauindustrie, dem nordrhein-westfälischen Kfz-Gewerbe und dem Einzelhandel, stehen die Flächentarifverträge und die gewerkschaftliche Kampffähigkeit insgesamt auf dem Spiel. Hinzu kommt die fortgesetzte Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse – allen voran der Leiharbeit – die selbst den Kernbelegschaften in den Großbetrieben der Metallindustrie zu schaffen macht.

Doch die Beschäftigten und ihre Organisationen stehen dieser Entwicklung keineswegs machtlos gegenüber. Erfolgreiche Kämpfe zur Verteidigung bestehender Standards, aber auch für offensive Forderungen, wie die nach deutlichen Lohnerhöhungen, sind möglich. Das haben nicht zuletzt die Warnstreiks bei Bund und Kommunen gezeigt, an denen sich insgesamt fast 400000 Arbeiter und Angestellte beteiligten. Vor allem wegen dieser Aktionen sind im ersten Quartal dieses Jahres mehr als 50 000 Menschen in die Gewerkschaft ver.di eingetreten. Das zeigt: Wer kämpft, kann gewinnen – auch neue Mitglieder.

Allerdings waren die Rahmenbedingungen der Tarifrunden im öffentlichen Dienst und vor allem in der boomenden Stahlindustrie ausgesprochen gut. Es ist zweifelhaft, ob die Gewerkschaften auch dann noch Erfolge einfahren, wenn sich die US-Finanzkrise zu einer weltweiten Rezession in der Realwirtschaft ausweitet. Um unter solchen Bedingungen noch Verbesserungen zu erreichen wäre ein Bruch mit der marktwirtschaftlichen Ideologie nötig – und hiervon sind die Gewerkschaftsspitzen so weit entfernt wie ehedem.

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