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Aus: Ausgabe vom 12.10.2007, Seite 3 / Schwerpunkt

Ein-Euro-Jobs

»Frankfurter Weg« ein Erfolgsprojekt?
Gelassen gibt sich Alfred Bender, Mitarbeiter der Frankfurter Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld, im Vorstand der Werkstatt Frankfurt. Dort sieht man die Ein-Euro-Jobs inclusive Weiterqualifizierung für 79 Cent Stundenlohn bei der Werkstatt Frankfurt weiterhin unbekümmert als »geeignetes Förderinstrument«, das zu erweiterten Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt führe: »Sonst würden wir es ja nicht machen.« Er räumt jedoch ein, in fünf Jahren sei eventuell alles anders zu betrachten. Wenn erste Prüfungsergebnisse vorliegen, könne man es besser beurteilen. Man könnte es allerdings schon heute anders sehen. Denn ein Erfolgsprojekt sieht anders aus als »der Frankfurter Weg«. Von insgesamt 134 Personen, die an der Abschlußprüfung nach einem Jahr teilgenommen haben, sind 89 in der Stufe zwei angekommen, und haben somit noch zwei Jahre mit 79 Cent Stundenlohn vor sich. Der Rest: durchgefallen, aufgegeben oder sanktioniert. Bei Krankheit und Urlaub werden die 79 Cent für die Qualifizierungsmaßnahme in der Frankfurter Werkstatt nicht gezahlt.

In einem Beschluß der Verdi-Fachbereichskonferenz 2006 wurde der ver.di-Vorstand aufgefordert, gemeinsam mit dem DGB eine Kampagne zu führen, die die »Ein-Euro-Jobber« als Arbeitnehmer gleichstellt. Begründung: Menschen in »Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwands­entschädigung« haben keine einklagbaren Arbeitnehmerrechte. An Dritte als Leiharbeitnehmer überlassene »Ein-Euro- Jobber« haben noch weniger Rechte, da dem Betriebsrat des verleihenden »Arbeitgebers« für diese »Arbeitnehmer« keinerlei Beteiligungsrechte zugestanden werden. Die Gewerkschaften müssen ein Interesse daran haben, daß arbeitendende Menschen mit Mehraufwansentschädigung als »Arbeitnehmer« angesehen werden, weil die Gefahr besteht, daß die Tarifverträge weiter unterminiert werden und damit die Existenz der Gewerkschaften in Frage gestellt wird.

(gd)

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