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Aus: Ausgabe vom 02.06.2007, Seite 16 / Aktion

Krieg nach innen

Trotzdem tun wir, was wir wollen – solange wir das ökonomisch können
Nicht alle lassen sich durch Schlagzeilen oder Schlagstöcke beei
Nicht alle lassen sich durch Schlagzeilen oder Schlagstöcke beeindrucken
Warum um Gottes Willen demonstrieren eigentlich so viele Menschen gegen das politische Personal der Reichen und Mächtigen in Rostock und Heiligendamm? Wo sich doch gerade alles zum Guten wendet: Vor ein paar Wochen waren die Grünen noch gegen Ostermärsche. Und heute? Claudia Roth zeigt sich so fotogen und empört wie möglich vor dem Sperrzaun, im Hintergrund hat sie G-8-Pappkameraden aufstellen lassen.

Vor 40 Jahren wurde bei einer Demonstration gegen die unerträgliche Bild-Zeitung Benno Ohnesorg ermordet. Und heute? Die Bild-Zeitung titelte am Freitag im Stil der K-Gruppen vor 40 Jahren: »30000 Menschen sterben in Afrika jeden Tag an Armut – SCHLUSS DAMIT!«. Überhaupt, schauen Sie auf die Titelseiten von gestern. Die Frankfurter Rundschau zeigt das Gesicht Afrikas auf dem Titel und schlagzeilt: »Hier spricht Afrika«, die Süddeutsche beschreibt auf der Seite eins, wie Deutschland antwortet: »Deutsches Signal an G-8-Gipfel – Entwicklungshilfe wird erhöht«. Und Präsident Bush junior, gestern noch Inbegriff für Ausbeutung, Krieg und Umweltzerstörung? Das Aufmacherfoto der Süddeutschen Zeitung zeigt ihn, wie er ein kleines afrikanisches Kind anlächelt. Bildtext: »US-Präsident George Bush hat sein Herz für Afrika entdeckt. Auf 30 Milliarden Dollar will er die AIDS-Hilfe seines Landes innerhalb der nächsten fünf Jahre aufstocken. Nach der Verkündung der Botschaft umarmte er im Rosengarten des Weißen Hauses demonstrativ den Sohn einer HIV-infizierten Südafrikanerin.« Der Tagesspiegel eröffnet mit: »Bush will Klima retten – auf seine Weise.« Sie alle wollen doch nur das Gute – sollte man sie nicht einfach machen lassen?

PR-Agenturen bereiten eben nicht nur Kolonialkriege für die Herrschenden vor. Und daß Agenturen und Behörden den G-8-Gipfel wie einen Krieg nach innen vorbereitet haben, ist nur schwer zu verschleiern. Da läßt man schon mal mit ein wenig AIDS-Hilfe, Klimaschutz und Entwicklungshilfe ablenken. In der jungen Welt lesen Sie nicht nur heute über diesen Krieg nach innen. Und morgen, wenn die großen Medien wieder zur Tagesordnung übergehen, die Grünen dem nächsten Krieg zustimmen, die ärmsten Länder weiter an einer eigenständigen Entwicklung gehindert, Nahverkehrsmittel weiter demontiert und immer mehr Autos produziert werden und Pharmakonzerne AIDS-Kranken mit Regierungshilfe Medikamente verweigern – berichtet die junge Welt darüber, ohne Ihnen die gesellschaftlichen Ursachen und Hintergründe zu verschweigen. Unter solchen Umständen darf die junge Welt allerdings nicht mit dicken Anzeigen rechnen, weder von der Automobil- noch von der Pharmaindustrie, weder von den Grünen noch von diversen Regierungen oder Ministerien. Höchstens mit Strafanzeigen und Prozessen. So führt Deutschlands Top-Agent Lehmann in Zusammenarbeit mit dem BKA im Moment eine Reihe von Prozessen gegen die junge Welt.


Natürlich gehören Journalisten der jungen Welt zu jenen, die auf Empfehlung des Verfassungsschutzes zu solchen Konferenzen wie dem G-8-Treffen nicht zugelassen werden. Das ist undemokratisch, aber verkraftbar: Um die Dinge zu erkennen und zu beschreiben, wie sie sind, braucht es nicht die Nähe zu den Herrschenden, Distanz sorgt hier für Klarheit. Diese Haltung führt wiederum dazu, daß die junge Welt als einzige Tageszeitung jährlich im Verfassungsschutzbericht gewürdigt wird. Dort kann man nachlesen, daß diese Zeitung marxistisch sei und ihre Ziele auch mit Veranstaltungen verfolge wie der jährlichen Rosa-Luxemburg-Konferenz. Künftig wird die Behörde zudem berichten können, daß dazu auch jährlich eine Studienreise in die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, nach Oswiecim und Krakow im Oktober zählt. Wenn das Machen einer solchen Zeitung und das Durchführen solcher Veranstaltungen tatsächlich verfassungsfeindlich wären, müßten wir gegen eine solche Verfassung sein.

Kurzum, trotz Marketingagenturen und Repressionsapparat tun wir das, was wir für richtig halten. Das können wir, solange wir ökonomisch dazu in der Lage sind, also eine ausreichende Zahl von Leserinnen und Leser uns unterstützt. Und das heißt konkret, wir brauchen jedes Abonnement, egal ob in der Internet- oder Printversion. Unser zweites Standbein ist die Genossenschaft der Leserinnen und Leser. Sie ist Herausgebende der jungen Welt und Mehrheitseigentümerin des Verlages. Nur über Abonnements und Genossenschaftsanteile sichern wir unsere ökonomische Souveränität – und nur durch sie kann auch die politische erhalten und die Wirksamkeit der Zeitung ausgebaut werden. Auf der Seite zwölf finden Sie einen Coupon, mit dem Sie die junge Welt für drei Wochen völlig unverbindlich testen können. Danach bitten wir um Ihr Abonnement. Damit wir auch weiterhin machen können, was wir wollen.

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