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Aus: Ausgabe vom 24.10.2006, Seite 12 / Feuilleton

Zu wenig Klopapier

Am Montag wurden die 70 Stück Nazikunst, die bis Sonntag in Schwerin ausgestellt waren, zurück zur Witwe von Arno Breker (1900–1991) geschafft
Daß Breker wieder salonfähig gemacht wurde, konstatierte u. a. der Heidelberger Kunsthistoriker Christoph Zuschlag, nachdem er das Konzept der Schau für den Bundesverband der Bildenden Künstler analysiert hatte. Weil »das Format der Retrospektive eigentlich nur für kunsthistorisch überragende Künstler angewandt« werde, habe man in Schwerin eine Würdigung Brekers vorgenommen.

Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Hans-Robert Metelmann (parteilos) hätte sich mehr Begleitprogramm gewünscht, weniger Überwältigungspomp. Von Amtskollegen wurde er übrigens nicht auf die Sache angesprochen, auch nicht am Rande der Kultusministerkonferenz: »Kultur steht da immer ganz hinten.«

Matthias Rautenberg von der Landeszentrale für politische Bildung sprach in seiner Bilanz von einem »Debakel für die politische Bildung«.


Andere protestierten handfester, umwickelten die Statuen mit Klopapier, warfen Farbbeutel. Der 92jährige Künstler Karl Otto Götz, der von den Faschisten als entartet eingestuft worden war, verließ angewidert eine Gesprächsrunde im Begleitprogramm.

Am 31. Oktober wird der Hauptverantwortliche Rudolf Conrades auf einer Veranstaltung des Internationalen Kunstkritikerverbandes in Köln vielleicht gefragt, ob er nicht eine niedlich romantische GröFaZ-Büste auf dem Nachttisch hat, mit der er manchmal heimlich kuschelt.

(ddp/jW)

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