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Aus: Ausgabe vom 06.10.2006, Seite 12 / Feuilleton

Neue Zensur in Berlin

Die Produzentengalerie Foto-Shop in Berlin-Mitte ist wegen Blasphemie angezeigt worden. Um »die andauernde Störung der öffentlichen Ordnung zu beenden«, wurde in einem Schreiben des Polizeipräsidenten von Berlin angeordnet, »daß von einer Skulptur im Schaufenster der Galerie »der Kardinalshut und das Kreuz entfernt« werden. Es handelt sich um eine weibliche Figur mit einem Totenschädel, einem Holzkreuz, einem symbolischen Sprengstoffgürtel, einem Nikolauskostüm und einem Nikolaushut. Daneben findet sich ein Buch mit ausgehöhlten Seiten sowie in einer weiteren Vitrine ein Buch mit einem Zitat des Papstes Calixtus III., in dem er Mohammed einen »Sohn der Teufels« nennt und zur Vernichtung der Muslime aufruft; außerdem ein Ausschnitt einer US-Dollarnote mit dem Aufdruck »In God we trust«. »Die Überlegung war, das Echo auf den Besuch von Papst Benedikt in Deutschland und die durch diesen ausgelösten Proteste künstlerisch zu begleiten« erklärte die Galerie und protestiert auf »das Schärfste gegen diese Einschränkung unserer künstlerischen Freiheit und gegen die Zerstörung eines Kunstwerks«. Ein Polizist, nicht etwa ein tief getroffener Christ oder Moslem, hatte die Galerie angezeigt.

(jW)

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