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Aus: Ausgabe vom 02.10.2006, Seite 2 / Inland

Vage Hoffnung für BenQ-Personal

Insolventer Handyhersteller produziert bis Jahresende weiter. Rüttgers will geklärt wissen, ob die Pleite ein abgekartetes Spiel ist
Die Produktion des insolventen Handyherstellers BenQ Mobile soll zumindest bis Jahresende weiterlaufen. Das kündigte Insolvenzverwalter Martin Prager am Wochenende an. Es sei offen, ob das Unternehmen mit seinen 3000 Mitarbeitern gerettet werden könne.

BenQ-Mobile-Chef Clemens Joos sagte: »Wir sind zu 70 Prozent durch die Restrukturierung durch. Wir haben inzwischen eine sehr wettbewerbsfähige Produktsparte. Die gesamte Belegschaft hatte sich darauf gefreut, jetzt im Weihnachtsgeschäft die Früchte zu ernten.« Daß der Mutterkonzern in Taiwan nun entgegen der Zusagen die Zahlungen an die deutsche Tochter eingestellt habe, habe auch ihn überrascht.

Joos verteidigte Siemens gegen den Vorwurf der Gewerkschaften, die Handysparte mit dem Verkauf an BenQ kaltblütig ans Messer geliefert zu haben. »Ich weiß, daß Siemens damals befürchtet hat, daß das passiert, was jetzt passiert ist – und das war nicht gewünscht!« sagte Joos, der früher selbst bei Siemens beschäftigt war.

Dagegen äußerte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) scharfe Kritik an Siemens: »Ich bin von den unternehmerischen Leistungen dort enttäuscht«, sagte er der Bild am Sonntag. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers verlangte Aufklärung über die Hintergründe der Pleite. BenQ und Siemens müßten den Verdacht klären, ob die Insolvenz seit der Übertragung von Siemens auf BenQ von langer Hand vorbereitet worden sei, sagte er der Bild-Zeitung.

Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) trifft sich am heutigen Montag in München mit Spitzenvertretern von Gewerkschaften und des BenQ-Mobile-Betriebsrats zu einem Gespräch über das weitere Vorgehen nach dem Insolvenzantrag des Handyherstellers. An dem Treffen nähmen unter anderen DGB-Landeschef Fritz Schösser und Bayerns IG-Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer teil, teilte das bayerische Wirtschaftsministerium in München mit.

Ein Siemens-Sprecher kündigte am Sonntag an, falls es zu betriebsbedingten Kündigungen bei BenQ komme, würden ehemalige Mitarbeiter bei der Stellenbesetzung im Konzern als interne Bewerber behandelt. »Wir haben mehr als 2000 offene Stellen in Deutschland«, sagte er.

(AP/ddp/jW)

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