»Da wedelte es dem Keeper die Pfoten weg«
Von Peter Merg
Beim Namen Edgar Külow ergänzen altgediente jW-Leser gedanklich sofort: VfB Einheit zu Pankow. Kann das Ehrenmitglied heute lächelnd auf seinen Verein herabschauen?
Auf alle Fälle. In der letzten Saison wurde die erste Mannschaft Elfter in der Bezirksliga, ein neuer Rasen wird an diesem Donnerstag eingeweiht, die Fußballabteilung zählt 845 Mitglieder, und – das ist natürlich das Highlight – auf dem Friedhof neben dem Paul-Zobel-Sportplatz wird jetzt eine Abteilung nur für Vereinsanhänger und -mitglieder eingeweiht. Die entsprechende Stele steht schon. Die Külow-Geschichte »Ein letztes Wort« spielt übrigens auf diesem Friedhof und schildert, wie er dort als Bestatteter am Wochenende immer Freigang bekommt, um die Spiele von Einheit Pankow besuchen zu können.
Bis zu seinem Tod schrieb Ihr Vater die Kolumne »Eckenbrüller« für die jW-Sportseite, er brachte die Texte getippt in der Redaktion vorbei. Eine DDR-Kabarett und -Schauspiellegende schreibt eine Fußballkolumne – wie kam es dazu?
Schon als Kind war mein Vater fußballbegeistert, und als junger Mann verfasste er Mitte der 1950er Jahre für die Werdohler Lokalzeitung Fußballberichte. Später schrieb er für die fuwo, und dann kam 1997 die junge Welt mit einem Angebot, das er nicht ablehnen konnte.
Anlässlich von Edgar Külows 100. Geburtstag am 10. September soll im November im Verlag 8. Mai eine Biographie erscheinen, von Ihnen und Jürgen Klammer. Erzählen Sie »Das unerhörte Leben von Edgar Külow« klassisch von der Wiege bis zur Biege, oder legen Sie thematische Schwerpunkte? Es sollen ja auch viele Zeitzeugen zu Wort kommen.
Der klassische Aufbau einer Biographie bleibt gewahrt, aber sein Leben war in der Tat so »unerhört«, dass sehr viel Abwechslung in den insgesamt sieben Kapiteln geboten wird. Die Aussagen von prominenten Weggefährten wie etwa Reinhold Andert, Peter Bause, Jürgen Croy, Monika Ehrhardt Lakomy und Mathias Wedel verleihen dem Werk eine besondere Note; auch Christoph Hein hat einen sehr bemerkenswerten Text beigesteuert.
»Geh doch rüber!« haben Kommunisten in der alten BRD oft zu hören bekommen. Edgar Külow hat es gemacht, wurde zum Star, aber auch mehr als einmal politisch geschurigelt. Warum hat er nicht wieder zurückgemacht? Und weshalb ist er auch nach dem Ende der DDR nicht umgefallen?
Er kam aus sehr ärmlichen Verhältnissen und wusste frühzeitig, dass man für Gerechtigkeit kämpfen muss. Deswegen wurde er schon im August 1946 Mitglied der KPD und blieb bis zu seinem Tod Genosse, weil er trotz berechtigter Kritik zutiefst vom Sozialismus überzeugt war. Opportunismus war ihm vor 1989 verhasst – und das blieb auch danach so.
Bierernst kann man sich eine Edgar-Külow-Biographie gar nicht vorstellen, aber man will sich vermutlich auch nicht in die Nesseln setzen. Wie schreibt man so eine Lebensgeschichte auf?
Indem man ihn möglichst viel selbst zu Wort kommen lässt. In seinem Nachlass fanden wir ein bislang unveröffentlichtes autobiographisches Fragment von rund 100 Seiten – ein wahrer Glücksumstand fürs Autorenduo.

Sie sind der Sohnemann, aber mindestens in Leipzig schon lange ein rot-bunter Hund aus eigenem Recht. Über den eigenen Vater schreiben – ist das ein Vorteil oder Nachteil? Strenge Objektivität dürfte da ja schwierig werden …
Ich kann und will eine gewisse Befangenheit nicht leugnen. Aber als gelernter Historiker verfüge ich zugleich über genug Professionalität, um diese Nähe auszutarieren. Außerdem ist mit Jürgen Klammer ein exzellenter Kenner der ostdeutschen Kabarettgeschichte als Koautor an Bord.
Kurzer Werbeblock: Man kann die Biographie zu 29,90 Euro vorbestellen, für 99,90 Euro eine limitierte Sonderausgabe subskribieren. Was bekommen die harten Fans dafür, 60 Euro mehr zu berappen?
Die Külow-Gourmets – es sind schon 84 Subskribenten der auf 100 limitierten Sonderedition – erhalten exklusiv über eine Cloud den digitalen Zugriff auf drei Stunden Film- und Fernsehausschnitte aus den Jahren 1963 bis 2012. Darunter sind natürlich die legendären Szenen aus dem »Kessel Buntes«, aber auch weniger bekannte Mitschnitte wie sein Dialog mit Pittiplatsch im Wissenschaftsmagazin »Aha«.
Zurück zum Sport. Als »Eckenbrüller« erschienen kurze Texte zu aktuellen Fußballereignissen: Bundesliga, Nationalmannschaft, Kreisliga. Wie gut lesen die sich über zehn Jahre später?
In der Gesamtanzahl der 379 Kolumnen zwischen 1997 und 2012 finden sich diverse fußballjournalistische Perlen, die wir zum Teil im Anhang des Buches wieder abdrucken. Immer wieder garnierte er seine Beiträge mit zeitlosen Fußballweisheiten, die heute noch köstlich zu lesen sind. Kleine Kostprobe: »›Geld regiert die Welt‹, sagte meine Mutter immer, und die war nicht im Parteilehrjahr.« (jW 10./11. April 1999).
Zum 100. Geburtstag von Edgar Külow kickt die Einheit Pankow gegen die Autorennationalmannschaft. Für wen wäre Ihr alter Herr aufgelaufen?
Ich denke, er wäre eine Halbzeit für Einheit Pankow und die andere für die Autorennationalmannschaft angetreten. Für beide Teams hätte er dann sicher auch Tore à la der »rote Blitz« erzielt.
Apropos: Was ist eigentlich mit dem Buchtitel »Der rote Blitz« genau gemeint?
Edgar Külow fabulierte gern im Alter – es gab ja kaum noch jemanden, der das Gegenteil erzählen konnte – von seinen angeblichen fußballerischen Heldentaten als junger Spieler. Das ging dann meistens so: »Mich nannten sie alle der ›rote Blitz‹. Ich wurde an der Mittellinie halbhoch angespielt, ließ den Ball von der Brust tropfen, sauste die Linie entlang, ließ den Verteidiger aussteigen, ging bis zur Eckfahne. Und dann kam die Flanke butterweich nach innen, senkte sich am Strafraum nieder – und wer stand dort? Ich schon wieder. Aus der Lage nahm ich das Leder. Da wedelte es dem Keeper aber die Pfoten weg. Siehste heute nicht mehr.«
Subskription »Der rote Blitz. Das unerhörte Leben des Edgar Külow. Erzählt von Jürgen Klammer und Volker Külow« zum Preis von 99,90 Euro, mit einem QR-Code zum Download jeder Menge Videos mit Edgar Külow. Die ersten 100 Subskribenten erhalten zusätzlich eine CD mit Tonaufnahmen von ihm: https://kurzlinks.de/RoterBlitz
»Happy birthday Eddi!«, mit einem Freundschaftsspiel der Alten Herren von Einheit Pankow gegen die Autorennationalmannschaft und einer Buchvorstellung mit Volker Külow, 12. September 2025, Paul-Zobel-Sportplatz, Berlin, ab 17 Uhr
Preisverleihung »Der Eddi 2025« an Reiner Kröhnert, Laudatio: Gesine Lötzsch, 4. Oktober 2025, Kulturhaus Karlshorst, Berlin, 19.30 Uhr, Eintritt: 15 Euro: https://kurzlinks.de/DerEddi2025
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