»Größte Herausforderung wären die Sportstätten«
Von Andreas Müller
Oberwiesenthal wollte sich ursprünglich gemeinsam mit Klingenthal für die Austragung der nordischen Ski-Weltmeisterschaften 2033 bewerben. Nun geht der Deutsche Skiverband (DSV) bereits für 2031 ins Rennen, und zwar mit Oberstdorf, wo die Titelkämpfe bereits 1987, 2005 und 2021 stattfanden. Haben Sie Verständnis für die Entscheidung?
Insgesamt ist das zwar nicht so klasse, aber prinzipiell kann ich die Entscheidung nachvollziehen. Sie resultiert aus dem Rückzug der österreichischen Bewerbung für 2031. Pech für uns, denn für uns käme so ein Ereignis in sechs Jahren definitiv zu früh. Oberstdorf hingegen hat dank der WM 2021 und der Aufwendungen damals beste Voraussetzungen.
Wie gehen Sie und die Klingenthaler Oberbürgermeisterin Judith Sandner mit der neuen Situation um? Bleibt es trotzdem beim gemeinsamen Vorhaben der beiden knapp 60 Kilometer oder eine Autostunde voneinander entfernten Kommunen?
Der Zeitdruck für 2033 ist jetzt ein bisschen weg für uns, das ist ein Vorteil. Wenn Oberstdorf im nächsten Jahr den Zuschlag für 2031 bekommt, wird es sicher eine Weile dauern, bis wieder eine WM in Deutschland stattfinden kann. Wir reden jetzt also von einer gemeinsamen Bewerbung von Klingenthal und Oberwiesenthal für die 2040er Jahre. Die entscheidende Frage wird bleiben, wie sich die sächsische Landespolitik dazu positioniert. Fakt ist, dass die beiden Kommunen das finanziell mit eigenen Kräften nie und nimmer stemmen könnten.
Was wäre bei Ihnen im Erzgebirge und im Vogtländischen hinsichtlich Sportanlagen, Übernachtungskapazitäten oder verkehrstechnischer Infrastruktur zu tun, um die Voraussetzungen als WM-Gastgeber zu erfüllen?
Die größte Herausforderung wären die Sportstätten. Im Skispringen würden wir in Oberwiesenthal mit unserer Kleinschanze ins Rennen gehen, die erneuert und modernisiert werden müsste. Das betrifft zum Beispiel den Windschutz, den Auslauf und die Erweiterung der Zuschauerränge. Gleiches gilt für unser Skistadion. Bei den Übernachtungskapazitäten sind wir hier mit 4.400 Gästebetten bestens aufgestellt und könnten täglich locker bis zu 15.000 WM-Besucher bedienen. Auch bei der Verkehrsinfrastruktur würden sich die Hausaufgaben in Grenzen halten, wie man zur Junioren-WM 2020 sehen konnte. Im Dreieck zwischen Dresden, Leipzig und Prag sind wir gut aufgestellt.
Mit welchen Kosten ist zu rechnen? Wie sollen sie gestemmt werden?
In Oberstdorf wurden für die Ski-WM 2021 meines Wissens insgesamt rund 80 Millionen Euro investiert. Das illustriert ungefähr die Größenordnung, von der wir sprechen. Damit wären Oberwiesenthal und Klingenthal natürlich komplett überfordert, hier muss das Land Sachsen klare Signale senden. Unsere Stärken vor Ort sind Logistik und Know-how, über das zum Beispiel die Klingenthaler dank ihres Skisprungweltcups auf der Großschanze verfügen. Umgekehrt sind dort immer viele Oberwiesenthaler als Helfer dabei. Ich persönlich habe einen guten Draht zu Oberbürgermeisterin Judith Sandner.
Wie wollen Sie die Landesregierung überzeugen?
Indem wir immer wieder deutlich machen, dass es sich hier nicht um Investitionen allein für ein sportliches Großereignis handelt, sondern die Effekte weit über die WM-Tage hinaustragen. Es wäre eine Investition zur langfristigen Standortsicherung für diese beiden prominenten ostdeutschen Wintersportgebiete. Vielleicht ergibt sich ja kurzfristig die Chance, 2030 sozusagen im »Vorprogramm von Oberstdorf 2031« noch mal eine Junioren-WM auszurichten. Wir haben 2020 bewiesen, dass wir das können. Diese Variante wäre jetzt, wo wir eine Bewerbung für die WM 2033 aufschieben müssen, ein schöner Kompromiss. Das könnte ich mir gut vorstellen, falls der Deutsche Skiverband und andere Beteiligte einverstanden sind.
Wie kam es zum gemeinsamen WM-Anlauf der beiden »Thals«?
Geboren wurde die Idee meines Wissens bei einem Gespräch zwischen Alexander Ziron, dem Geschäftsführer des Vogtland-Sportclubs Klingenthal, und Christian Freitag, dem Geschäftsführer des Wintersportclubs Oberwiesenthal, vor drei Jahren. Ihre gemeinsame Überlegung fand in Klingenthal und bei uns in der Stadt zunehmend Anklang: Wem vor fünf Jahren eine Junioren-WM gelang, der kann, wenn man die Möglichkeiten und Potentiale der beiden Standorte ausschöpft, genauso gut eine nordische Ski-WM für die Großen veranstalten.
Jens Benedict (39) ist seit Ende 2021 Bürgermeister von Oberwiesenthal, mit rund 2.000 Einwohnern bundesweit die höchstgelegene Stadt. Zwischen Marktplatz und Fichtelberg reckt sich O’thal von 780 Metern bis 1.215 Meter in die Höhe
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