Gegründet 1947 Sa. / So., 12. / 13. Juli 2025, Nr. 159
Die junge Welt wird von 3019 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 11.07.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
H&M-Betriebsräteversammlung

Betriebsräte für Frieden

Betriebsräteversammlung von H&M verabschiedet Resolution gegen Krieg, Völkermord und Aufrüstung
Von Susanne Knütter
imago380366459.jpg

Unter Linken wäre so eine Bekundung selbstverständlich. Von Gewerkschaften oder Betriebsräten erwartet man sie inzwischen nicht mehr unbedingt. Insofern war es bemerkenswert, dass die Betriebsräte der Textilhandelskette Hennes & Mauritz (H&M) auf der Betriebsräteversammlung am 26. Juni eine Friedensresolution verabschiedeten, die sich gegen Genozid und jeden Krieg richtet. Dem Video nach zu urteilen, das auf Facebook veröffentlicht wurde, haben die gut 300 Betriebsräte die Resolution geschlossen unterstützt.

Der Text erinnert an den Ersten Weltkrieg und indirekt an die gescheiterte Novemberrevolution, an deren Ende unter anderem auch die Institutionalisierung von Betriebsräten stand. Der Text erinnert auch an die Lehren aus Faschismus und Zweitem Weltkrieg. »Das darf nie wieder passieren, das war unser Credo.« Und dennoch kam es seither immer wieder zu Genoziden wie »aktuell an den Palästinensern in Gaza«. Die Resolution konstatiert: »Heute finden wir uns wieder in einer Situation, in der das Aufrüsten wie vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg die Oberhand gewinnt und zunehmend an die Stelle des Friedens tritt. Wir beobachten, dass dies weitgehend unwidersprochen geschieht. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Stimme erheben, und zwar gegen jeden Krieg, egal ob er in der Ukraine, in Russland, in Israel, in Palästina, im Libanon, in Syrien, in Afghanistan oder jüngst zwischen Indien und Pakistan, im Sudan, im Kongo, in Somalia und im Iran herrscht.« Die Betriebsräte machten deutlich, warum sie ihr Aufstehen für Frieden als eine logische Konsequenz ihrer Arbeit sehen: »Wir Betriebsräte vereinen Menschen unterschiedlichster Kulturen, Herkunft, Religionen, Weltanschauungen, sexueller Orientierungen, unterschiedlichster Geschlechter, weil wir die einzige Institution in jedem einzelnen Betrieb sind, die demokratisch gewählt wurde. Was im Kleinen gelingt, muss im Großen möglich sein.« Ihre Schlussfolgerung: »Deshalb schauen wir hin und erwarten, dass niemand mehr wegschaut. Mensch sein heißt, Frieden schaffen.«

Hin und wieder sind Aufrüstung und Krieg Thema auch auf Betriebsversammlungen. Dass sich eine komplette Betriebsräteversammlung entsprechend positioniert, hat es wohl noch nicht gegeben. Dass die H&M-Interessenvertretungen nun den Anfang gemacht haben, verwundert nicht. Sie sind gut organisiert, haben im Textilbereich die gesamte Wertschöpfungskette im Blick und auch in Bezug auf die Tarifierung von Digitalisierung wurde bei H&M Pionierarbeit geleistet.

Die Verdi-Bundesverwaltung hat zwar die gemeinsame Resolution der Betriebsräteversammlung und der Bundestarifkommission zu den nächste Woche startenden Tarifverhandlungen für den Digitalisierungstarifvertrag auf ihrer Internetseite dokumentiert, die Friedensresolution jedoch nicht. Eine Bitte um Stellungnahme und Nachfragen zur Bedeutung für den betrieblichen und gewerkschaftlichen Alltag wurden seitens der Verantwortlichen für den Einzelhandel in der Verdi-Bundesverwaltung nicht beantwortet. Fast nicht: Cosimo-Damiano Quinto, Verdi-Sekretär und Verhandlungsführer bei den Gesprächen zum Digitalisierungstarifvertrag, unterstützte die Resolution via Facebook: »Aufrüstung, Kriege und Völkermorde werden von oben organisiert und ideologisch bemäntelt, deshalb muss der Frieden von unten durchgesetzt werden. Kolleginnen und Kollegen schießen nicht aufeinander, sondern sprechen miteinander, und zwar über alle Grenzen hinweg. Das nennt sich Internationale Solidarität.«

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.