Zurück auf der Straße
Von René Hamann
Es war einmal die Sozialdemokratie. Auch in dem kleinen, uns sehr nahen Nachbarland Österreich gab es sie mal. Sie unterstützte die Arbeitenden, sie sorgte im Verbund mit den Gewerkschaften dafür, dass es niederschwellige Zugänge zu Sport und Bewegung für alle gab, um es mal neumodisch auszudrücken. Rudimente davon gibt es noch: So haben in Österreich viele Sportvereine direkten Anschluss an die Betriebe, Firmen und Institute – sogar die Konservativen haben früher mal für Sport gesorgt, um im Kampf um Wählerstimmen mithalten zu können. Im klassisch rot und schwarz aufgeteilten Land gab es auf der einen Seite den ASKÖ, die Arbeitsgemeinschaft für Sport und Körperkultur in Österreich, und auf der anderen die Sportunion. Und als drittes den Allgemeinen Sportverband Österreichs, ASVÖ, in der Mitte.
Doch mittlerweile haben die Gewerkschaften andere Sorgen, und die Sozialdemokratie verdünnisiert sich wegen eines neoliberalen Verständnisses von Gesellschaft, das eigentlich gar kein Verständnis von Gesellschaft ist, sondern nur das Monetäre im Sinn hat. So weit, so bekannt. Im Konkreten bedeutet das, dass 2.500 Kinder »vor dem Nichts stehen«, wie es der Kicker dieser Tage etwas martialisch formuliert. Die Post AG, die auch mal staatlich war, hat keine Lust und keine Mittel mehr, um die Bewegungsfähigkeit ihrer Angestellten zu fördern, und spekuliert lieber darauf, Sportgelände in guter Lage zu verkaufen, weil dort erhebliche Gewinne zu erzielen sind.
Beim Post SV Wien, dem leidtragenden Verein, war ich auch schon mal. Meine Tischtennismannschaft (ASKÖ!) hatte dort ein Auswärtsspiel. Es fand in einer ehemaligen Verteilhalle oberhalb der Postfiliale in Wien-Floridsdorf statt. Das hatte etwas Absurdes, man spielte wirklich bei der Post.
Im aktuellen Fall geht es um Sportplätze und Abteilungen in Wien-Hernals auf der »richtigen« Seite der Donau. Die 100 Teams des Post SV aus allerlei Sportarten müssen sich, so sich nichts Entscheidendes ändert, bald neue Vereine suchen. Oder zumindest neue Orte. Sport ist, ähnlich wie Schwimmbäder, einfach zu teuer geworden. Da setzt man als AG die Leute lieber auf die Straße. In ein paar Jahren wird es wieder Straßenkicker geben, die das Balltreten mit Coladosen gelernt haben.
Zynisch gesprochen: Es geht dann mal wirklich zurück zu den guten, alten Zeiten.
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