Nichts als Vergeltung
Von Bernhard Krebs
Die Los Angeles Dodgers, der amtierende »World Series«-Champion der nordamerikanischen Baseballprofiliga Major League Baseball (MLB), haben den Zorn trumpistischer Interessengruppen auf sich gezogen. Wie das Sportmagazin The Athletic und das Portal Axios am Donnerstag berichteten, hat America First Legal (AFL), eine vom Vizestabschef im Weißen Haus, Stephen Miller, mitgegründete rechte Aktivistengruppe, eine Bürgerrechtsbeschwerde gegen den Klub und die Investmentfirma Guggenheim Partners von Dodgers Mehrheitseigner Mark Walter vor der US-Gleichstellungskommission (Equal Employment Opportunity Commission, EEOC) zur Bekämpfung von Diskriminierung am Arbeitsplatz erhoben.
Miller gilt als Architekt von Trumps Einwanderungspolitik, die mit Inhaftierungen und Abschiebungen gegen Zehntausende Einwanderer vorgeht und das Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft abschaffen will. Die AFL-Beschwerde zielt auf die Einstellungs- und Mitarbeiterprogramme der Dodgers ab, mit denen der Klub Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion (Diversity, Equity, and Inclusion; DEI) in der Mitarbeiterschaft fördern bzw. gewährleisten will. Dem verqueren Wortlaut nach hätten die Dodgers und Guggenheim Partners »öffentlich erklärt«, dass sie »unter dem Deckmantel« von DEI »Diskriminierung am Arbeitsplatz« betrieben. Es sei jedoch »rechtswidrig«, Mitarbeiter oder Bewerber »zu segregieren oder zu klassifizieren«.
Der Sender MSNBC wiederum berichtete am Freitag auf seiner Webseite, dass keine Beweise dafür vorliegen, dass es »tatsächlich zu Diskriminierung« gekommen sei. Für Konservative und »Make America Great Again«-Anhänger scheint jedoch bereits die bloße Existenz solcher Programme eine Beleidigung und Diskriminierung weißer Männer darzustellen, wie auch das ähnlich gelagerte Vorgehen beispielsweise gegen Universitäten nahelegt. Medienberichten zufolge wurde die Beschwerde der AFL bereits am vergangenen Montag eingereicht. Sowohl Dodgers und Guggenheim Partners als auch EEOC gaben zunächst keine Stellungnahmen ab.
Für Beobachter scheint der wahre Grund für die AFL aber im Zusammenhang mit dem 19. Juni zu stehen, als der Klub laut eigener Aussage Beamten der Einwanderungs- und Zollbehörde (Immigration and Customs Enforcement, ICE) untersagte, einen Parkplatz am Dodgers Stadium in Los Angeles zu nutzen, was die Dodgers umgehend via Kurznachrichtendienst X publik machten. ICE widersprach der Darstellung. Später räumte ein Sprecher der US-Heimatschutzbehörde bei NBC News jedoch ein, dass Fahrzeuge der Zoll- und Grenzschutzbehörde sich kurz auf einem Parkplatz der Dodgers aufgehalten hätten, dies aber nicht mit einer »Abschiebeoperation« in Zusammenhang gestanden hätte.
Einen Tag später setzten die Dodgers – aus Sicht ihrer rechten Gegner – dann noch einen drauf und stellten eine (im Endeffekt recht mickrige) Million US-Dollar für die Unterstützung von Familien bereit, die von Razzien der Abschiebebehörden betroffen sind. In Los Angeles hatte es zuletzt massive Proteste gegen die maskierten Greiftrupps gegeben, die Menschen auf der Straße aufgriffen und in unmarkierten Fahrzeugen abtransportierten. Trump reagierte auf die Proteste mit der Mobilisierung der kalifornischen Nationalgarde und von US-Marine-Infanteristen. Jared Rivera, Stabschef von Pico California, einer Organisation, die sich unter anderem für die Rechte von Migranten einsetzt, sah in der AFL-Beschwerde eine Vergeltungsaktion: »Stephen Millers Gruppe tarnt Rache als juristisches Vorgehen«, sagte Rivera gegenüber The Athletic. Miller fühle sich offensichtlich vom »Mitgefühl« der Dodgers gegenüber den Betroffenen seiner Politik bedroht, so Rivera weiter.
Angesichts der Razzien hatten viele Fans an die Dodgers appelliert, sich deutlicher gegen die Migrationspolitik der Trump-Regierung zu positionieren und Latinos stärker zu unterstützen. Die machen schließlich einen beachtlichen Teil der Fans aus. Zudem sind die Dodgers — damals noch in Brooklyn beheimatet — nicht nur das Team, bei dem Jackie Robinson 1947 die »Color barrier« durchbrach und als erster Schwarzer in der MLB auflief, die Dodgers sind mit ihrem 1958 erfolgten Umzug an die Westküste auch zu einem der beliebtesten Teams unter Lateinamerikanern in und außerhalb der USA avanciert. Als eine der wichtigsten Integrationsfiguren gilt der im vergangenen Oktober verstorbene und aus Mexiko stammende Fernando Valenzuela, der von 1980 bis 1990 für die Dodgers auflief. Der linkshändige Pitcher mit der auffälligen Wurftechnik löste in den 80ern bei Latinos weit über die Stadtgrenzen hinaus eine regelrechte »Fernandomania« aus.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Sport
-
Zurück auf der Straße
vom 07.07.2025