Bitte nicht stolpern
Von Jan Decker
Zum Auftakt der diesjährigen French Open (19. Mai bis 8. Juni), die stets der Höhepunkt jeder Sandplatzsaison sind, bekam der 14malige Sieger von Paris seine würdige Abschiedszeremonie: Rafael Nadal wurde mit vielen Reden und noch mehr Tränen aus seinem »Wohnzimmer« in die Tennisrente entlassen – dem »Court Philippe-Chatrier«, in dessen rotem Sand er nun mit einer Plakette verewigt ist, die seinen Fußabdruck zeigt. Nicht stolpern, hieß es da für die übrige Konkurrenz. Aus ihren Reihen setzen sich zwei seit Monaten ab: Carlos Alcaraz hat kurz vor Paris das ATP-Masters-1000 in Rom gewonnen, das hochkarätigste Vorbereitungsturnier für die French Open. Und die Nummer eins der Welt, Jannik Sinner, tauchte beim Turnier in Rom recht unbeeindruckt aus einer dreimonatigen Dopingsperre wieder auf, er ließ sich erst im Finale von Alcaraz schlagen.
Die beiden Favoriten spazierten dann auch relativ locker durch die ersten drei Runden der French Open. Sinner schickte erst die Nachwuchshoffnung Arthur Rinderknech mit einem klaren Sieg zurück auf die Schulbank und dann den 38jährigen Richard Gasquet bei dessen letztem Profimatch in die Tennisrente, die er nun gemeinsam mit Nadal feiern kann. Der andere, Alcaraz, gab in den Runden zwei und drei zwar jeweils einen Satz an die kämpferisch spielenden Fábián Marozsán und Damir Džumhur ab, sonst aber nicht viel. Dahinter stolperte man heftiger durch die Vorrunde: Casper Ruud und Stefanos Tsitsipas, normalerweise zwei Weltklassespieler auf Sand, schieden enttäuschend aus. Die Nummer drei der Welt, Alexander Zverev, gab in seiner zweiten Runde gleich den ersten Satz an Jesper de Jong ab, die Nummer 99 der Welt, bevor er das nächste Match souverän gegen einen aufstrebenden Flavio Cobolli gewann. Und Novak Đoković, der gerade in Genf das 100. Profitennisturnier seiner Karriere gewonnen hatte, musste nicht nur einmal heftig um Atem ringen – auch der 38jährige Serbe wird für das gegenwärtige Powertennis langsam zu alt. Trotzdem ist mit diesen vier Spielern in der Finalrunde der French Open absolut zu rechnen.
Bei den Damen sucht eine überspielt wirkende Iga Świątek, eigentlich wie Rafael Nadal bei den Herren die Herrscherin von Paris, seit längerem ihre Form. Die Titelverteidigerin scheint sie rechtzeitig wiedergefunden zu haben: Ihr Match gegen Emma Raducanu in Runde zwei war richtig stark (6:1, 6:2), so stark, dass die Gegnerin danach einräumte, sie sei von der präzisen Spielweise Świąteks »bloßgestellt« worden. Auch bei den Damen hat die Siegerin des Vorbereitungsturniers in Rom stets gute Karten: Jasmine Paolini untermauerte das, indem sie in den ersten drei Runden lupenreine Vorstellungen zeigte. Und auch ihre Rom-Finalgegnerin Coco Gauff konnte gut mithalten. Doch vielleicht wird sich 2025 ja die Allrounderin schlechthin, Aryna Sabalenka, endlich ihren ersten French-Open-Titel schnappen! Kaum eine andere Tennisspielerin erreicht derzeit so oft ein Turnierfinale – und stolpert in diesen Entscheidungsspielen dann so oft über die eigenen Nerven. Zuletzt bei den Australian Open, als Madison Keys ihr bei den Damen so einmaliges Power-Tennis einfach erwiderte. Deshalb war das 6:1, 6:0 der Sabalenka in Runde eins gegen Kamilla Rachimowa eine beeindruckende Kampfansage. Und ihr Fußabdruck ist ja jetzt schon ziemlich groß.
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