Räsonierer des Tages: Felix Klein
Von Nick Brauns
»Eines Tages werden alle immer schon dagegen gewesen sein.« So lautet der Titel eines jüngst auch auf deutsch veröffentlichten Bestsellers des kanadischen Journalisten und Kriegsreporters Omar El Akkad zur Abrechnung mit der Doppelmoral des westlichen Liberalismus angesichts des Völkermordes in Gaza.
Auch in Deutschland nimmt die Zahl der kritischen Stimmen von Tag zu Tag zu. In der Regel ist es wohlfeile Kritik ohne Konsequenzen. Nun also auch von Felix Klein. Bildete der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung bislang die erste Phalanx gegen Kritik an Israels Vorgehen in Gaza, hadert er jetzt selbst damit. Genauer, er gibt es vor.
»Die Palästinenser auszuhungern und die humanitäre Lage vorsätzlich dramatisch zu verschlimmern, hat nichts mit der Sicherung des Existenzrechts Israels zu tun«, gesteht Klein im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein und wünscht sich eine ehrlichere Debatte zum Begriff Staatsräson in Deutschland.
Doch »vom Genozid zu sprechen, ist antisemitisch, weil es Israel als Ganzes dämonisiert«, bleibt er seiner Linie treu. Umgekehrt hat Klein kein Problem damit, der Hamas »genozidalen Hass« zu unterstellen, gegen den sich Israel verteidigen dürfe.
Krankenhäuser zu bombardieren sei »inakzeptabel«. Legitim sei es allerdings, wenn sie von der Hamas als Waffenlager und Unterschlupf missbraucht würden, rudert Klein auch hier umgehend wieder zurück. Denn eben mit dieser unbewiesenen Behauptung hat Israel die Zerstörung nahezu aller Hospitäler in Gaza gerechtfertigt.
Im März hatte Klein noch Trumps Plan, alle Palästinenser aus Gaza zu vertreiben und den Küstenstreifen zum Luxusressort auszubauen, einiges abgewinnen können. »Ich würde das heute nicht mehr sagen«, rudert er zurück und sieht sich »böswillig« missverstanden. Na dann ist ja alles gut.
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