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Aus: Ausgabe vom 12.05.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Erdbeben in Myanmar

Katastrophe dauert an

Bis zu 20 Millionen Notleidende in Myanmar. Hilfsorganisationen blockiert
Von Thomas Berger
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Humanitäre Krise: Abertausende leben in notdürftigen Unterkünften ohne Wasserzufuhr (Amarapura, 4.4.2025)

Trotz anhaltendem Bürgerkrieg und folgenschwerem Erdbeben am 28. März ist Myanmar aus den Schlagzeilen verschwunden. Dabei ist die Lage auch nach gut sechs Wochen dramatisch, besonders in den Zentralregionen des südostasiatischen Landes. Auch aus der vollmundig von Putschist und De-facto-Machthaber Min Aung Hlaing angekündigten, temporären Waffenruhe zwecks Versorgung Betroffener wurde nichts. In Myanmar toben weiter Kämpfe und es gibt Luftangriffe auf Stellungen aller Gegner der isolierten Militärregierung.

Dennoch sind allerlei Hilfsorganisationen unermüdlich im Erdbebengebiet unterwegs, um die Katastrophe zu lindern, darunter die namhaften Ärzte ohne Grenzen (MSF, Médecins sans frontières). Man habe inzwischen 140 Wasserstellen zur Versorgung von knapp 500 Familien wiederherstellen können und Nothilfepakete mit Hygieneprodukten, Moskitonetzen und dergleichen mehr an 2.000 Familien im Raum Mandalay verteilt, teilte MSF in einem am 1. Mai veröffentlichten Zwischenbericht mit. Nahe der zweitgrößten Metropole Myanmars hatte das Epizentrum gelegen. Reihenweise Häuser samt wichtiger Infrastruktur waren von Erdstößen der Stärke 7,7 auf der Richterskala zerstört worden. 200 Helfer seien laut MSF allein dort im Einsatz, um eine mobile Klinik zu betreiben.

Obwohl Mandalay von Normalität noch meilenweit entfernt ist, läuft es dort vergleichsweise gut. Mindestens 6,3 Millionen Menschen im Erdbebengebiet seien auf Unterstützung angewiesen, mahnte die UN-Behörde für die Koordination humanitärer Angelegenheiten (OCHA, Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) am vergangenen Wochenende. Eine »signifikante Steigerung der bisherigen Anstrengungen« sei notwendig, wenn alle erreicht werden sollen, konstatierte sie. Doch die ausländischen Teams werden drangsaliert und die limitierten Kräfte der einheimischen Hilfsorganisationen durch das Regime eingeschränkt, so dass die dringend benötige Ausweitung unrealistisch scheint. Verpflegung, Wasser, medizinische Versorgung bleiben darum in weiten Teilen Myanmars prekär. Das Wetter erschwert nun zusätzlich die Nothilfe. Manche Orte sind laut OCHA vom frühen Monsunregen überflutet. Bei Mandalay komme eine extreme Hitzewelle hinzu.

Überraschend richtete Hlaing, der sich sonst kaum um Menschenrechte schert, ausdrücklich einen Hilfsappell an die internationale Gemeinschaft. Noch größer war das Erstaunen, als die Unterstützung tatsächlich willkommen geheißen wurde und die Helfer zunächst ungehindert loslegen konnten. Nur blieben einerseits von Gegnern der Militärdiktatur gehaltene Teilgebiete nahezu unerreichbar, während andererseits selbst auf offiziellen Wegen alsbald Checkpoints auftauchten, an denen Nothelfer teils stundenlang aufgehalten wurden. Ferner habe die Junta ihr Wort gebrochen und allein in den ersten neun Tagen nach dem Beben über 100 Luftangriffe geflogen, sagte James Rodehaver, Leiter des UN-Menschenrechtsbüros für Myanmar, gegenüber Mizzima. Er hielt aber auch dem Ausland Versagen vor.

Am Donnerstag erinnerte Amnesty International an mindestens 4.000 unmittelbare Todesopfer. Zudem seien durch Gefechte weitere Häuser, Straßen, Gebetsstätten und rund 1.000 Schulen zerstört worden. Demnach könnten bis zu 20 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sein. Dass die US-Regierung unter Präsident Trump mit dem Aus für USAID nahezu alle Nothilfe gestrichen hatte, verschlimmere die Lage noch. Die bisher umfassendste Unterstützung habe China mit mindestens 30 entsendeten Nothilfeteams geleistet. Jedoch mehren sich inzwischen Vorwürfe recht einseitiger Hilfe zugunsten der Junta, die im Rahmen des Aufbaus der neuen Seidenstraße mit China kooperiert.

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