Krankenhauskahlschlag wird fortgesetzt
Von Gudrun Giese
Kaum ein gutes Haar hatten Politiker von CDU und CSU am »Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz« (KHVVG) des bisherigen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) gelassen. Das hat die Parteien nicht gehindert, das Gesetz im mit der SPD abgeschlossenen Koalitionsvertrag als Grundlage der künftigen Krankenhauspolitik zu übernehmen.
Das Bündnis »Krankenhaus statt Fabrik«, das sich für eine Abkehr von der Ökonomisierung der Kliniken stark macht, hat anlässlich der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages am Montag in einem Sechs-Punkte-Papier die Verabredungen der künftig Regierenden zur Krankenhauspolitik kritisch abgeklopft. In seinen wesentlichen Bestandteilen bleibe das KHVVG in Kraft, heißt es in dem Papier. »Damit wird sowohl die Ökonomisierung mit all ihren Fehlanreizen fortgeschrieben als auch der Druck verstärkt, Krankenhäuser und Abteilungen zu schließen und zusammenzulegen«, so Thomas Böhm vom Bündnis. Eine echte Kehrtwende hin zu einem Gewinnverbot und Selbstkostendeckungsprinzip bleibe in weiter Ferne. Insbesondere die Onkologie träfen Vorgaben zu Mindestzahlen bei den Patienten, was für viele Krankenhäuser oder Krebsstationen das Aus bedeuten könnte. Dass zudem gesetzliche Rahmenbedingungen für den Gesundheitssektor im »Verteidigungs- und Bündnisfall« geschaffen werden sollen, sei alarmierend. Die Militarisierung des Gesundheitswesens werde damit auf die Agenda gesetzt.
Einige Änderungen haben es in die Koalitionsvereinbarung geschafft. So soll das neue Vergütungssystem, bei dem die Honorierung für das Vorhalten medizinischer Leistungen die Fallpauschalen ergänzt, erst 2027 statt bisher 2026 beginnen. Umgestellt wird die Vergütung in zwei Schritten. Den Bundesländern wurden mehr Rechte für Ausnahmegenehmigungen eingeräumt. Das betrifft vor allem den ländlichen Raum und gilt darüber hinaus für erweiterte Kooperationen. Die Zahl der Leistungsgruppen wurde von 65 auf 61 reduziert, Qualitätskriterien, einschließlich der Arztzahlen, können dort, wo es »medizinisch sinnvoll« ist, angepasst werden.
Wichtigste Änderung gegenüber dem Lauterbach-Gesetz ist aus Sicht des Bündnisses die Kostenübernahme durch den Bund: Dabei geht es um die bisher der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebürdeten Transformationskosten von jährlich 2,5 Milliarden Euro sowie um »Soforttransformationskosten« aus den Jahren 2022 und 2023. »Die Übernahme der Transformationskosten durch den Bund ist ein notwendiger Schritt«, heißt es im Sechs-Punkte-Papier. »Die Investitionskosten im Rahmen der Daseinsvorsorge sind eine staatliche Aufgabe und keine der Beitragszahler (unter Ausschluss der privat Versicherten).« Unklar sei allerdings, was sich hinter den »Soforttransformationskosten« verberge. Es könnten damit Investitionskostenzuschüsse gemeint sein, die sich nicht auf die Betriebsergebnisse auswirkten, oder aber Betriebskostenzuschüsse zur Kompensation der starken Preissteigerungen in den vergangenen Jahren, wie sie die Deutsche Krankenhausgesellschaft immer wieder gefordert hat. Allerdings handele es sich in jedem Fall um Einmalzahlungen, die die Unterfinanzierung der Krankenhäuser nicht dauerhaft beseitigen könnten. Außerdem wurden Soforthilfen für »bedarfsnotwendige Krankenhäuser« angekündigt, allerdings ohne konkreten Umfang. Erhielten zudem nur bedarfsnotwendige Häuser diese Hilfen, bedeute das für viele andere Bettenabbau oder Schließung der kompletten Einrichtung.
Wenn es auch einige kleine Schritte in die richtige Richtung gebe, so führe ein Großteil der vereinbarten Regelungen eher zu einer Verstetigung der bisherigen Fehlentwicklungen. So sollen Fachkliniken gestärkt werden, die oft Privaten gehören, ebenso das Belegarztwesen. Die Beschränkung der Öffnung von Krankenhäusern für die ambulante Versorgung von Ausnahmefällen sei obendrein eine Konzession an die ökonomischen Interessen niedergelassener Ärzte.
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