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29.04.2024, 19:50:35 / Inland

Spionage-Prozess: Bundeswehr-Offizier geständig

Der Angeklagte (links vorn) neben seinem Anwalt am Montag in Düs
Der Angeklagte (links vorn) neben seinem Anwalt am Montag in Düsseldorf

Düsseldorf. Ein Offizier der Bundeswehr hat gestanden, sich gegenüber einem russischen Konsulat im Mai 2023 mit militärischen Informationen als Spion angeboten zu haben. Die Angst vor einer nuklearen Eskalation des Ukraine-Kriegs habe ihn getrieben, sagte der 54jährige am Montag am Düsseldorfer Oberlandesgericht aus. Etwa im gleichen Zeitraum habe er Kontakt zur AfD aufgenommen und seine Mitgliedschaft beantragt. Nach Angaben des Gerichts wurde sein Aufnahmeantrag im Juli 2023 genehmigt. Der Angeklagte sagte aus, zuvor auch Kontakt zur Partei Die Linke aufgenommen zu haben. Deren grundsätzliche Ablehnung der Bundeswehr habe ihn aber abgestoßen.

Mehrfach habe der Hauptmann dann von sich aus ab Mai 2023 dem russischen Konsulat in Bonn und der russischen Botschaft in Berlin vertrauliche Informationen zukommen lassen, aber nie eine Reaktion erhalten. Er habe es immer wieder versucht: per Posteinwurf, per E-Mail, mit Telefonanrufen aus dem Internet und von einem Münzfernsprecher.

Es sei ihm darum gegangen, seine Familie noch rechtzeitig in Sicherheit bringen zu können. Für die rechtzeitige Information, »wann es knallt«, habe er Kontakt zur russischen Seite gesucht. Er sei vom baldigen Einsatz taktischer Atomwaffen ausgegangen. Heute bedauere er dies und sehe es rückblickend als Fehler. Er sei damals in einer sehr schlechten psychischen Verfassung gewesen, habe 18 Kilogramm abgenommen, kaum geschlafen und sei von Ängsten geplagt gewesen. Die Anklagevorwürfe der Bundesanwaltschaft räumte er überwiegend ein. »Das meiste stimmt«, sagte er. Allerdings bestritt er, eine CD mit heruntergeladenen Dateien aus einem Bundeswehr-Laufwerk an das russische Konsulat weitergegeben zu haben.

Der Berufssoldat steht wegen besonders schwerer Spionage zugunsten Russlands vor Gericht. Er sei als Hauptmann für Systeme der elektronischen Kampfführung zuständig gewesen, sagte ein Vertreter der Bundesanwaltschaft am Montag. Sein Ziel sei gewesen, »den russischen Streitkräften vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage einen Vorteil zu verschaffen«. Von einem Laufwerk der Bundeswehr habe er Informationen auf eine CD geladen und diese in den Briefkasten des russischen Konsulats geworfen, so die Bundesanwaltschaft. Mit seinem Handy habe er zudem Ausbildungsunterlagen der Luftwaffe fotografiert.

Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Hauptmann am 9. August in Koblenz festgenommen. Seitdem ist er in Untersuchungshaft. (dpa/jW)