junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Sa. / So., 27. / 28. April 2024, Nr. 99
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 12.03.2024, Seite 8 / Ansichten

Exorzistin des Tages: Strack-Zimmermann

Von Nick Brauns
8_portrait Kopie.jpg
Marie-Agnes Strack-Zimmermann beim Aschermittwoch der FDP in Dingolfing

Angesichts der Niederlage solle man den Mut haben zu verhandeln, mahnte Papst Franziskus mit Blick auf die ausblutende Ukraine. Beim deutschen Politikestablishment von Ampel bis Union, das fest entschlossen ist, den Stellvertreterkrieg gegen Russland bis zum letzten Ukrainer fortzusetzen, stieß das Oberhaupt der katholischen Kirche auf Widerworte. »Bevor die ukrainischen Opfer die weiße Flagge hissen, sollte der Papst laut und unüberhörbar die brutalen russischen Täter auffordern, ihre Piratenfahne – das Symbol für den Tod und den Satan – einzuholen«, tönte etwa die katholische Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Auf am Montag präsentierten Wahlplakaten wird die FDP-Spitzenkandidatin zur EU-Wahl als »Oma Courage« tituliert. Die Anlehnung an Brechts »Mutter Courage« erscheint treffend, zieht diese doch als Händlerin über die Schlachtfelder des 30jährigen Krieges, um am Gemetzel zu verdienen, und verliert dabei ihre Kinder. Die »kleinen Leute« können niemals vom Krieg profitieren, so die Botschaft des 1939 verfassten Stücks.

Das gilt für die ukrainischen und russischen Arbeiter in Uniform, die ihr Leben an der Front verlieren. Das gilt auch für die Werktätigen in Deutschland, die für Hochrüstung den Gürtel enger schnallen müssen. Bei Rheinmetall – der Panzerbauer hat seinen Sitz im Düsseldorfer Wahlkreis Strack-Zimmermanns – lässt Krieg dagegen die Kasse klingeln.

In der »Mutter Courage« heißt es: »Wenn man die Großkopfigen reden hört, führens die Krieg nur aus Gottesfurcht und für alles, was gut und schön ist. Aber wenn man genauer hinsieht, sinds nicht blöd, sondern führn die Krieg für Gewinn.« Da mag Strack-Zimmermann den »Satan« im Kreml beschreien, doch durch den päpstlichen Ruf nach Frieden sieht die Rüstungslobbyistin in erster Linie ihr Geschäftsmodell gefährdet.

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.

  • Leserbrief von Roland Winkler aus Aue (19. März 2024 um 14:43 Uhr)
    Warum wünschten sich nicht die vielen DemokratenInnen, die friedliebenden Menschen im Lande, die zahllosen gläubigen, katholischen oder evangelischen ChristenInnen im Lande, dass solche »Schäfchen« wie Strack-Zimmermann und einige weitere Kriegshysteriker, Kritiker der Friedensforderung des Stellvertreter Gottes auf Erden ihr Maul halten? Wäre das mit dem Glauben nicht vereinbar? Der Papst könnte durchaus Russland auffordern »Tod und Satan« als Symbolik »russischer Täter« einzuholen, wie Strack-Zimmermann meint. Warum mag bei diesem Papst das gläubige Interesse nicht so klar, einseitig und kriegerisch wie bei den Stracks-Zimmermanns ausgerichtet sein? Welcher Geistliche könnte diesen kriegerischen Schäfchen im nächsten Gottesdienst mal nahebringen, wie sie zu den Geboten und Menschenrechten stehen? »Oma Courage«? Oma des Todes wird sie wohl eher, die in Ignoranz gegenüber legitimen seit 1990 permanent bewusst verletzten Interessen einer Groß- und Atommacht kaum, die Ukraine befreien will, sondern Russland im dritten Gang besiegen will. Mit dem »Du sollst nicht lügen« hält es die »Oma Courage« ebenso nicht sehr und schmückt sich auch gerade noch mit B. Brecht. Wenn ein Papst seine Botschaft und Forderung zu Frieden im Interesse der Gläubigen und seines Machtbereiches als Papst zum Ausdruck bringt, für wessen Interesse steht die Strack-Zimmermanns und Co.? Ganz ohne Interessengebundenheit? Nur den Menschenrechten verpflichtet? Welcher Menschen? Welcher Profite? Da hat es in Nürnberg ein bedeutendes Urteil über die Kriegstreiber des Zweiten Weltkriegs gegeben, es hat die namhaften Kriegsverbrecher auf den Anklagebänken gegeben und es hat die Vertreter der deutschen Wirtschaft, die Kriegsprofiteure gesehen. Wer lässt es zu, dass sich solches wiederholt? Glauben deutsche Kriegsdamen und -herren wirklich ihren Glauben oder an die donnernden Kanonen bei steigenden Börsenkursen?
  • Leserbrief von Bernd Fouquet aus Daajing Giids, BC, Canada (13. März 2024 um 19:27 Uhr)
    Brechts Mutter Courage ist ein hervorragendes Sinnbild für das, was die Strack-Zimmermann macht. Die wollte auch als Marketenderin am Krieg verdienen und erkannte erst, als der Krieg ihre Kinder verschlungen hatte, ihren Irrtum. Man könnte fast meinen, Bert Brecht hätte die Strack-Zimmermann gekannt und ihr sein Antikriegsstück auf den Leib geschrieben. Offenbar ist die Strack-Zimmermann aber zu dumm, um Brechts Mutter Courage zu verstehen. Nur so ist es zu erklären, dass sie sich freiwillig diesen Stiefel anzieht. Und man erkennt wieder mal die tiefe Wahrheit des Spruches, mit dem meine Eltern mich früher für den Schulgang motivierten: Pass nur immer gut auf im Unterricht, sonst wirst Du später nichts Gescheites werden!
  • Leserbrief von Helmut Käss aus Braunschweig (12. März 2024 um 14:39 Uhr)
    Strack-Zimmermann, Anton Hofreiter und Roderich Kiesewetter sind in ihren Forderungen nach schweren Waffen völiig verrückt. Wieso werden sie in unseren Zeitungen immer noch hofiert? Die Ukraine hat laut Harald Kujat, Jaques Baud und John Mearsheimer keine Chance, egal, wie sehr wir sie mit Waffen ausstatten. Nur bei einer NATO-Beteiligung hätte sie eine. Aber das bedeutet eine große Gefahr, es könnte einen Weltkrieg mit der Zerstörung zumindest Europas bedeuten.
  • Leserbrief von Wolfgang Schmetterer aus Graz (12. März 2024 um 10:41 Uhr)
    Ein hervorragender Beitrag, vielen Dank dafür! Jetzt ist mein Blutdruck wieder im »Normalbereich«. Zumindest bis zum nächsten Auftritt Strack-Zimmermanns.
  • Leserbrief von R.Prang aus Berlin (11. März 2024 um 21:00 Uhr)
    Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte von Kriegen. Welche Gründe die Herrscher für die Kriege fanden, sie überlebten immer ganz gleich, ob sie gewannen oder verloren. Die Zeche für den Krieg bezahlte immer das unterste Drittel der Bevölkerung, auch da war es immer egal, ob sie zu den Sieger oder den Verlierern gehörten, sie bezahlte mit ihrem Leben oder überlebten mit Hunger und materieller Not. Den Ukraine-Krieg werden Putin und Selenskij überleben, ukrainische Bauern nicht alle, russische Soldaten nicht alle. Frau Flak-Zimmermann, ganz sicher, die Aktionäre von Rheinmetall, ganz sicher und viel reicher. Wenn dieser verdammte Krieg irgendwann zu Ende ist, werden die ukrainischen Bauern weiter hungern, die russischen Soldaten weiter leiden und Boris Pistorius weiter lachen. All die Rüstungskonzerne in Deutschland und der ganzen Welt werden feiern, bei Kaviar und Champagner, denn ihre schmutzigen Milliardengewinne können sie, selbst wenn sie 500 Jahre leben, nicht ausgeben. Das untere Drittel der Bevölkerung bezahlt für das zweifelhafte Vergnügen der reichsten zehn Prozent der Menschheit an Kriegen. So war es und so wird es bleiben, solange Egoismus und Gier regieren.
    • Leserbrief von Andreas Kubenka aus Berlin (12. März 2024 um 16:07 Uhr)
      »Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte von Kriegen.« (?) Nein, Kriege sind die Art und Weise, mit der Klassengesellschaften ihre inneren und äußeren Widersprüche auszutragen pflegen! »So war es und so wird es bleiben, solange Egoismus und Gier regieren.« Nein, mit der Überwindung der antagonistischen Klassengesellschaftsordnung wird auch der Krieg überwunden werden! Individuelle menschliche Fehlverhalten wie »Egoismus und Gier« werden dann eben das sein: unbedeutende individuelle Defizite.

Mehr aus: Ansichten