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Online Extra
11.06.2019, 19:14:56 / Ausland

Migranten in Dorf integriert: Prozess gegen »Papa Mimmo« in Italien

Humanist in menschenfeindlicher Zeit. Der ehemalige Bürgermeiste
Humanist in menschenfeindlicher Zeit. Der ehemalige Bürgermeister des kalabresischen Ortes Riace, Domenico Lucano

Riace. In Italien hat der Gerichtsprozess gegen den für seine migrationsfreundliche Politik bekannten Exbürgermeister Domenico Lucano begonnen. Dem »Papa Mimmo« genannten früheren Ortsvorsteher, der mit seinem Engagement im süditalienischen Riace Schlagzeilen machte, wird unter anderem Amtsmissbrauch und die Begünstigung illegaler Einwanderung vorgeworfen. Mehr als zwei Dutzend weitere Personen sind ebenfalls angeklagt.

Lucano sagte über sein Erscheinen vor Gericht: »Nein, das ist kein politischer Prozess, aber natürlich spielt die Politik eine Rolle. Ich habe als Bürgermeister die Entscheidung getroffen, denen eine Stimme zu geben, die keine haben.« Außerdem sagte er: »Wissen Sie, es gibt viele, die viel mehr gelitten haben als ich. Wenn man die Häfen für Menschen schließt, aber für Waffen öffnet, dann läuft etwas falsch.« Trotz eines großen Polizeiaufgebots versammelten sich mehrere Anhänger von Lucano vor dem Gerichtssaal und trugen rote T-Shirts mit der Aufschrift »Lasst uns menschlich bleiben«.

Als Bürgermeister von Riace hatte Lucano Hunderte Migranten aufgenommen und sie in das öffentliche Leben eingegliedert. Anfang Oktober wurde er vorübergehend festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Die Staatsanwaltschaft wirft Lucano unter anderem vor, Scheinehen von Migranten mit Einwohnern organisiert zu haben. Außerdem habe er einen Müllabfuhrvertrag unrechtmäßig an Migranten vergeben.

Riace hat im vergangenen Monat einen neuen Bürgermeister gewählt, der von der rechten Lega unterstützt wird. Lucano schaffte es nicht in den Stadtrat. Der ehemalige Bürgermeister darf sich wegen der Anschuldigungen nicht mehr in Riace aufhalten. (dpa/jW)

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