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Aus: Ausgabe vom 07.06.2019, Seite 3 / Schwerpunkt

Repression: Gerichtsurteil

Wie das Internetportal Queer.de am Montag berichtete, hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe bereits im März eine Klage eines Nigerianers gegen die Ablehnung seines Asylantrags abgewiesen. Der zuständige Einzelrichter habe Aussagen des Mannes zu seiner Homosexualität nicht für glaubhaft gehalten. »Das veröffentlichte Urteil (Az. A 4 K 16909/17), das auch die erfolgte Abschiebungsandrohung bestätigte, weckt dabei Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, weil sie vor allem auf eine Befragung und Bewertung des Geschlechtsverkehrs des Mannes abzielt«, berichtet das Portal. Seine ausführlichen Gedanken zum »unglaubhaften Vorbringen betr. homosexuellen Analverkehr« habe der Richter »gar zum Leitsatz der Entscheidung« gemacht. Tatsächlich lesen sich die Ergüsse des Richters bestenfalls wie ein schlechter Scherz. Moniert der Jurist doch allen Ernstes, »der erstmalige homosexuelle Geschlechtsverkehr in der Form des Analverkehrs sei ohne weitere Vorbereitungshandlungen schmerzfrei durchgeführt worden und vom passiven Partner als angenehm empfunden worden«. Diese Darstellung sei »aufgrund der anatomischen Gegebenheiten im menschlichen Körper lebensfern und damit nicht glaubhaft«.

Queer.de verwies hingegen auf einen Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2014. Die Richter hatten damals klargestellt, dass Behörden die Glaubwürdigkeit von Asylbewerbern »nicht anhand von Befragungen beurteilen dürfen, die allein auf stereotypen Vorstellungen von Homosexuellen beruhen«. Zudem dürften die Behörden »im Rahmen dieser Prüfung keine detaillierten Befragungen zu den sexuellen Praktiken eines Asylbewerbers durchführen«. (bern)

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