Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 23.09.2016, Seite 10 / Feuilleton

Ortstermin am Bogensee

Am schönen Bogensee bei Wandlitz verfallen imposante Gebäude, die Hermann Henselmann, Architekt der Stalinallee, in den 50er Jahren entworfen hatte. Jahrzehntelang residierte hier die FDJ-Jugendhochschule »Wilhelm Pieck«. Die Privatisierung des Areals ist erst mal abgesagt. Es gab begründete Bedenken, dass Neonazis ein ehemaliges Landhaus von Joseph Goebbels, um das die Bildungsstätte herumgebaut worden war, zum Wallfahrtsort herrichten würden.

Morgen wird das Gelände nun erstmals seit 2005 wieder für Besucher geöffnet. Neben einem Auftritt des deutsch-französischen Théâtre Au fil des nuages und einem Konzert von Angelika Weiz stehen eine Fotoausstellung und zwei Dokfilme auf dem Programm, ein 20minüter von der DEFA über Henselmann und »Comrade, where are you today?« in Anwesenheit der Regisseurin Kirsi Marie Liimatainen (Foto, der Film wurde in jW am 15. August zum Kinostart besprochen).

Die Finnin gehörte 1988 zum vorletzten Jahrgang, der am Bogensee studierte (wie unter vielen anderen auch DKP-Kreisvorstände, der Film zeigt das nebenbei anhand von Akten). In ihrem Film sucht sie damalige Kameraden auf. Eine Bolivianerin, deren »big problem at the Bogensee« die mangelnde Gottesfurcht war, nennt Sozialismus und Kapitalismus »two faces of one coin«, der westlichen Mentalität nämlich. Sie nimmt die Finnin mit zu einer lustigen Debatte auf einer nächtlichen Plaza (»Er ist ein Trotzkist! Ein Kleingeist!« – »Kann gar nicht sein! Ich bin Trotzkist!«) und trifft mit ihr Evo Morales. »Die USA schlafen nie«, erklärt der Präsident – sie kombattierten jetzt auch mit Indigenen und NGOs.

Erschreckend eingetrübt ist das politische Bewusstsein eines früherem Kommilitonen aus dem Libanon. Umstellt von religiösen Sekten, schwört er nun auf den Neoliberalismus des Hariri-Clans. In Chile immerhin trifft Liimatainen einen Exmitstudenten, der »das Leben eines chilenischen Kommunisten (führt), der versucht, ein Kommunist zu sein«.

Am Ende ihres Films geht es in Südafrika um das Vermächtnis eines »wahren Freiheitskämpfers«, der »enttäuscht wäre von den Leuten beim ANC heute«, wie seine Witwe sagt. Man kann Liimatainens Bestandsaufnahme der Bewegung jedenfalls nicht vorwerfen, sie würde etwas beschönigen. Und es gibt für diesen Film sicher keinen besseren Vorführungsort als das verfallene Areal am Bogensee. (xre)

akademiebogensee.com

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