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Aus: Ausgabe vom 21.06.2016, Seite 11 / Feuilleton

Beim Übervater

Von Anne-Lydia Mühle

Viele Musiker sind in diesem Jahr gestorben. Aber Paul McCartney lebt. Und mehr als das. Der frühere Beatle ist der Schutzpatron und Rock-’n’-Roll-Übervater aller Musiker – wir brauchen ihn so dringend. Wer passt auf uns auf, wenn er mal nicht mehr ist?

Er sprüht vor Energie. Am Samstag wurde er 74, am vergangenen Dienstag hatte er auf der letzten deutschen Station seiner »One on One«-Welttournee vor 22.000 Menschen in der Berliner Waldbühne gespielt – zwei und eine dreiviertel Stunde lang.

Bei »Hey Jude« haben alle mitgesungen. Und er hat dann so Rockscheiße gemacht wie: Jetzt-klatschen-wir-alle-rhythmisch-in-die-Hände. Und ich habe mitgemacht. Zum ersten Mal in meinem Leben. Ich war schon auf vielen Konzerten und fand dieses Händeklatschen stets total albern und war schon aus Prinzip dagegen. Bei Paul McCartney war das alles ganz leicht und ganz selbstverständlich. Ich habe geklatscht und gesungen und alle anderen auch.

Natürlich hat er die alten Beatles Nummern gespielt, aber wer soll sie denn sonst spielen, wenn nicht der Meister selber? Das ist der Moment. Wenn du da stehst und tausend Handys leuchten. Und dann die Musik. Die kreischenden Mädchen sind schon ein bisschen in die Jahre gekommen, überhaupt waren die ersten Reihen vom Alter her sehr durchmischt. Und sehr relaxt. Beatlemania ist vorbei. Trotzdem. Eine Ahnung davon bekommt man nur selten.

Wie er »Let it be« gesungen hat – kein bisschen kitschig. So alt und tausendmal abgespielt, und Paul McCartney singt es, und man spürt: Es ist sein Lied. Das kann keine Coverband erreichen, egal wie gut es klingt.

Paul McCartney ist fit, der kommt noch mal wieder, nächstes Jahr oder im Jahr darauf. Wie er mit dem Hintern gewackelt hat – die Massen haben gekreischt. Denn er hat es drauf, alterslos.

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