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Aus: Ausgabe vom 12.11.2013, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Riads billige Arbeitskräfte

Mit einem neuen Arbeitsgesetz will Saudi-Arabien Handel und Industrie im Land zwingen, mindestens zwölf Prozent der Arbeitsplätze für eigene Staatsbürger zu reservieren. Riad will damit offenbar der zunehmenden Arbeitslosigkeit entgegenwirken, die – wie in anderen arabischen Ländern – zu Aufständen gegen das Königshaus führen könnte.

Saudi-Arabien hat die größte Wirtschaftskraft der Welt pro Einwohner. Den Reichtum erwirtschaften schätzungsweise neun Millionen Gastarbeiter auf den Ölfeldern, Baustellen und im Dienstleistungsbereich. Fraglich ist, ob Saudis überhaupt die Arbeit machen würden, die sie bisher von Gastarbeitern aus Asien und Afrika für sich erledigen ließen. Tausende Gastarbeiter, die sich bisher illegal im Land aufhielten, waren bereits vor sieben Monaten zur Ausreise aufgefordert worden. Mit einer Art Schonfrist hatte man den Arbeitern die Möglichkeit eingeräumt, sich in dieser Zeit feste Arbeitsverträge zu beschaffen, um einer Ausweisung zu entgehen. Eine Million Arbeiter aus Bangladesch, Indien, von den Philippinen, aus Nepal, Pakistan und Jemen hätten in den vergangenen drei Monaten das Land bereits verlassen, hieß es in einer offiziellen Stellungnahme. Vier Millionen andere Arbeiter hätten bis zum Ablauf der Frist am Sonntag eine Arbeitserlaubnis vorweisen können.

Einen Tag vor Ablauf des Ultimatums kam es zu Unruhen. Zwei Menschen starben am Samstag bei Auseinandersetzungen zwischen saudischer Polizei und äthiopisch-afrikanischen Gastarbeitern, die vor allem in Manfuhah leben, einem Außenbezirk von Riad. Aufnahmen im Internet zeigten Polizisten, die mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die Menschenmenge vorgingen, die gegen ihre drohende Abschiebung protestierten. Nach offiziellen Angaben sollen die Demonstranten andere Anwohner des Bezirks, darunter auch Ausländer, mit Messern und Steinen angegriffen haben. 70 Personen seien verletzt, 560 Gastarbeiter seien festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Nach Agenturberichten soll bereits am vergangenen Mittwoch ein äthiopischer Gastarbeiter getötet worden sein, als die Polizei Äthiopier ohne offizielle Anmeldung in einem Lager unterbringen wollten.


Am Sonntag wurde Manfuhah abgeriegelt und Einheiten der Nationalgarde und Sondereinsatzkommandos rückten in den Stadtteil vor. Andernorts erklärten Gastarbeiter sich zur Abschiebung bereit, nachdem die äthiopische Regierung zugesagt hatte, ihren aus Saudi-Arabien ausgewiesenen Staatsbürgern nach ihrer Rückkehr bei der Wiedereingliederung zu helfen. Fotos zeigten Hunderte Männer, Frauen und Kinder, die am Sonntag mit ihren Habseligkeiten warteten, um von Polizeibussen zum Flughafen transportiert zu werden.

(kl)

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