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Aus: Ausgabe vom 28.08.2013, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Ein Juwel, mit dem man sehr schön schauen kann

Ein Grund für das späte Nein zum Gesamtprojekt »Euro Hawk« war die Forderung der Bundeswehr, Tests mit dem neuen Spionagesystem ISIS zu beenden. Denn die Drohne war lediglich als hoch fliegender Träger für die von EADS gefertigte Überwachungstechnik gedacht. Ein Regierungssprecher bezeichnete dieses sogenannte ISIS-System als »Juwel, mit dem man sehr schön gucken und schauen kann«. Allerdings hat der Sprecher die Funktionsweise des Spionagesystems mißverstanden – denn das ISIS guckt nicht, sondern es hört. Die Abkürzung steht für »Integriertes SIGINT-System«, SIGINT wiederum ist der Begriff für »signalerfassende Aufklärung«. Die Plattform fängt jede elektromagnetische Strahlung in einem bestimmten Gebiet auf, ortet deren Quellen und visualisiert sie auf einer Karte.

Über die technischen Möglichkeiten hatte ein Manager des Rüstungskonzerns EADS in einem Seminar an der Technischen Universität Dresden geplaudert. Demnach handele es sich um eine »sehr komplexe Software«, die sogar über das Potential der radarbasierten AWACS-Flugzeuge hinausgehe. Den Zweck des ISIS bezeichnet er als »Information, Spionage, Überwachung, Identifizierung«. Es handele sich um »immense Datenmengen«, darunter auch Mikrowellen im Haushalt oder startende Fahrzeuge. Allerdings sind selbst breitbandige Satellitenverbindungen kaum in der Lage, alle Daten an die Bodenstation weiterzugeben. Deshalb werden die Signale bereits in der Luft gefiltert und analysiert.

Die Linksfraktion hatte eine eigene Studie in Auftrag gegeben, um die Funktionsweise des ISIS zu verstehen. Demnach ist es möglich, Aussendungen aus 400 bis 500 Kilometern Entfernung zu empfangen. Das ISIS muß dabei nicht im hoheitlichen Luftraum eines militärischen »Interessengebietes« kreisen, es genügt der Überflug an der Grenze eines Landes. Ein eigenes Kapitel der Studie widmet sich einer etwaigen Verwendung des ISIS im Innern. Denn die Bundesregierung sieht in dem Einsatzkonzept auch »ressortübergreifende« Missionen vor. Dies beträfe beispielsweise das Abhören von Mobilfunk, Handfunkgeräten oder Satellitentelefonen. Dadurch könnten etwa bei Gipfelprotesten strategische Informationen erfaßt und verarbeitet werden.

(mmo)

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